BERLIN & Ravensburg: VERTRAUENSFRAGE & Eine 'Frage des Vertrauens' ... Demokratie im Focus und auf dem Prüfstand ...
Bis zum Beginn der Rede von Sahra Wagenknecht habe ich durchgehalten, dann musste ich mich entscheiden: Entweder ich höre mir das Altbekannte Gesülze der roten Dame an, oder ich drücke kurz und entschlossen auf den roten Knopf. Letzteres fiel mir überraschend leicht. Natürlich geht es hier um die gestrige Sondersendung über die gestrige Sonderveranstaltung im Deutschen Bundestag: die Vertrauensfrage des Bundeskanzlers Olaf Scholz von der SPD.
"Erwartungsgemäß" - so hieß es später in allen Medien - hat Olaf Scholz seine "Vertrauensfrage" mehrheitlich beantwortet bekommen: nämlich mit NEIN! Den 207 Ja-Stimmen standen am Ende 394 Nein-Stimmen entgegen. Die restlichen 116 Enthaltungen wurden am Ende als Stimmen gegen ihn gewertet. Es gab auch zwei Abgeordnete (FDP), welche nicht anwesend waren und einige, die zwar auf ihren Stühlen saßen, aber nicht an der Wahl teilnahmen (zwei von der Linken, zwei von den Grünen, drei von der AfD).
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Apropos erwartungsgemäß: Etwa zur gleichen Zeit - am Nachmittag des 16. Dezember 2024 - gab es auch fern ab der deutschen Hauptstadt in der tiefen oberschwäbischen Provinz, im Ravensburger Gemeinderat (43 Sitze), eine auch nicht ganz unwichtige politische Abstimmung, bei der jener Begriff des "Vertrauens" ebenso - aber nicht nur - im Focus stand, sondern auch auf dem "Prüfstand der Demokratie" gewogen wurde, obwohl dies der überwiegenden Mehrheit der anwesenden Räte und Rätinnen sicher nicht bewusst war - oder es aufgrund des herrschenden berauschenden Fraternisierung und der servierten "Blutwurscht" nicht sein durfte/konnte
Ganz beabsichtigt verwende ich den Begriff "Abstimmung". Denn was sowohl von der Ravensburger Stadtverwaltung, seinem Gemeinderat (der Gemeinderat ist immer ein Organ der Stadtverwaltung) und der Lokalpresse als "Wahl des Ersten Bürgermeisters" getitelt und verkauft wurde, war bei genauem Hinschauen mit "beiden Augen demokratischen Verständnisses",
- lediglich die Abstimmung für (PRO) oder gegen (CONTRA) einen (1) Kandidaten,
- der nach Aussortieren anderer - der Öffentlichkeit nie bekanntgegebenen Bürger/innen -,
- der Abweisung eines namentlich bekannten Gastwirtes,
- der öffentlichen Favorisierung, Bevorzugung und Parteinahme hinsichtlich eines bestimmten Kandidaten durch die Stadtspitze,
- und dem entsprechenden Rückzug einer resignierten und deshalb (!) abdankenden Kandidatin (!)
- übriggeblieben war.
Wer den Mut hat, lese hier noch einmal: RAVENSBURG: >Vorweimarer< Zeiten? >Heute "wählt" der Gemeinderat den neuen Ersten Bürgermeister ... In der Türmestadt entscheidet oft das "Prädikat Blutwurscht" ...
Hier nun noch von einer "Wahl" zu sprechen, ist meiner persönlichen Ansicht und Überzeugung nach Verhöhnung des demokratischen Gedankens. Schon beginnend bei der Ausschreibung dieses Postens! Wozu denn? Um das demokratische Gesicht nach außen hin zu wahren, um dann aber intern den typischen Ravensburger Maskenball zu feiern?! Die eben aufgeführten ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ Punkte, sind nicht anderes, als ein von Beginn an ausgelegtem rotem Teppich, dessen Farbe sicher auch durch die Verletzungen anderer durch die Stadtspitze (nicht den Kandidaten) zustande kam ... Nicht nur Gemeinderäte und Bürgermeister haben eine Seele.
Wie ich bereits in dem oben verlinkten Artikel meinte, ist es nicht die Tatsache, dass es nur einen (!) Kandidaten gab - sondern wie der Verbleib dieses EINEN am ENDE zustande kam. Die hiesige Zeitung - ganz in der Tradition der Verbundenheit mit der Stadtspitze - bezeichnet dies sinngemäß als einen Vorgang mit mehreren Stufen, was ja völliger Unfug ist. Denn es war ein glatter Teppich (siehe oben) ohne Hindernisse für "es kann nur Einen geben", statt eines zugelassenen Parcours mit Hindernissen für ALLE.
Ach ja - Von den 43 Gemeinderät/innen sollen angeblich - so die Presse - nur 41 anwesend gewesen sein, von denen 37 dem verbliebenen Kandidaten ihr "Vertrauen" aussprachen. Das sind 86,05 Prozent des gesamten Gemeinderates. Als Sigmar Gabriel auf dem Bundesparteitag 2013 der SPD in Leipzig mit 83,6 % als Vorsitzender wiedergewählt wurde, sprachen die bundesweiten Medien von einem "lediglich mäßiges Ergebnis". Gabriel selbst sprach von einem „außerordentlich ehrlichen Ergebnis“ ...
Ob es sich bei der gestrigen Veranstaltung im Ravensburger Rathaus bei den Ferngebliebenen u.a. um Heike Engelhardt MdB (Vertrauensfrage in Berlin?) oder sonst wen handelt (und ob sie vielleicht aus Protest fernblieben?), bleibt unter Verschluss. Ebenso werden die Vertrauensverweigerer weder namentlich oder ihre Parteizugehörigkeit genannt; es wird auch nicht bekanntgegeben, ob es sich dabei um klare Nein-Stimmen handelt, oder ob es Enthaltungen (siehe Bundestag = gegen den Kandidaten) waren.
Ergo in Praemissa und im Glauben daran, dass sich der neue Erste Bürgermeister
- nicht einfangen lässt von der herrschenden Fraternisierung und dem Handeln nach dem Rezept der oberschwäbischen Blutwurst,
- den kritischen Mitbürger - gleich, ob er/sie über 40, über 70 und 90 Jahre alt ist/sind, gleich ob sie organisiert oder frei handelt sind, mit Respekt behandelt,
- sich als bürgernah und bürgerfreundlich und nach demokratischen Grundsätzen handelnd erweist,
wünsche ich Herrn Andreas Honikel-Günther für sein neues Amt als Erster Bürgermeister von Ravensburg Gottes Segen, Mut, Weisheit und eine glückliche Hand!
Stefan Weinert, Ravensburg
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Lesen Sie auch hier: Wie funktioniert die Wahl mit nur einem (1) Kandidaten?