"Die Entwicklung des Individuums Mensch und der Menschheit selbst" - Ein Blick auf die dunkle Seite des Mondes ...
Das ist auch meiner Vita geschuldet die mich dazu bewogen hat, auch mal die dunkle Seite des Mondes zu beleuchten, wo es Literatur zu lesen gibt, die den Horizont tatsächlich erweitert.
Von Stefan Weinert (c)
Wenn man und frau die ersten Seiten des Alten Buches über "Die Entwicklung des Individuums Mensch und der Menschheit selbst" - psychoanalytisch lesen und verstehen würde und könnte, fänden man und frau dort überraschende Antworten auf die Fragen, welche 2.600 Jahre später Siegmund Freud und andere Versteher an die menschliche Seele gerichtet hatten.
- Woher kommt die Angst im Menschen und vor allem, woher kommen seine Schuldgefühle, die mit eigentlicher Schuld und dem Eingeständnis "ich bin böse", eigentlich rein gar nichts zu tun haben?
Mit jenem von mir so genannten "Alten Buch" meine ich nichts anderes als die Bibel. Und hier wiederum spreche ich von dem Tanach, der Sammlung der alten jüdischen Schriften, die von den Christen kurzerhand als "Altes Testament" adaptiert wurde/n. In dieser Sammlung sind es vor allem die ersten elf Kapitel der Genesis (= 1. Buch Moses), von denen ich rede.
"Genesis" ist ein griechisches Wort und meint "die Entwicklungsgeschichte der Menschheit" (Phylogenese) einerseits, aber auch die Entwicklungsgeschichte des einzelnen Menschen von seiner Zeugung im Mutterleib bis zur Individuation (Ontogenese). Denn das, was dort zu lesen und zirka 700 Jahre vor unserer abendländischen Zeitrechnung aufgeschrieben und zuvor über Jahrhunderte mündlich tradiert worden war, hat nichts mit "Frömmeln, Weihrauch, Kreationismus" oder irgendwie theologischen "Grimms Märchen" zu tun, sondern ist (leider) nichts als die "nackte" Wahrheit.
Genesis 1 bis 11 widerspricht keinesfalls einer Evolutionstheorie, wie sie von Charles Darwin oder auch anderen vertreten wird. Es ist "erschreckend", wie weise die "Alten" waren, welche über Jahrhunderte diese Geschichten an ihren Feuern erzählten, während noch Säbelzahntiger, Wölfe und Löwen um ihre Lager zwischen den Höhen den Zedern des Libanon im Norden und dem Roten Meer im Süden herumschlichen, bis sie dann eines Tages im babylonischen Exil schriftlich fixiert wurden, damit sie nicht vergessen werden.
Die Mythe (Mythos) erzählt folgende uns sehr bekannte Begebenheit und wir sollten unter dieser etwas anderen Prämisse einfach zuhören.
Adam (hebräisch = Mensch) und Eva (= Mutter der Lebenden) sind nackt, sie haben voreinander nichts zu verbergen, nichts zu vertuschen und zu verheimlichen. Tiefstes Vertrauen ungebremste Liebe. Eben das Paradies. Und der Garten in dem sie leben, ist in der Tat ein solcher Raum des absoluten Friedens. Sie haben die vollkommene Freiheit in allen Dingen - bis auf den einen Punkt, so jedenfalls erzählt es die Geschichte: Gott (in der Entwicklungsgeschichte des Individuums Mensch, ist damit die Mutter respektive die engste Vertrauensperson gemeint) hat verboten, vom Baum der "Erkenntnis über das Gute und das Böse" zu essen, denn sonst würden sie sterben.
Dagegen aber steht das spätere Wort der Schlange (die, wie sich später herausstellen wird, ein Teil des menschlichen Individuums selbst ist), die Eva, der Mutter des Lebens, einflüstert: Auf keinen Fall werdet ihr Menschen sterben. Im Gegenteil. Gott hat euch etwas Wesentliches verheimlicht. Wenn ihr nämlich von den Früchten dieses Baumes (die orale Phase des Kleinkindes bis zu den ersten Zähnen) esst, werdet ihr selbst wie Gott sein, weil ihr wie er dann auch erkennen könnt, was gut und was böse ist (was eben bisher nicht der Fall war!).
In der psychologischen Traumsprache, die auch die Bibel benutzt, bedeutet das Nennen der beiden Extreme "gut" auf der einen Seite und "böse" auf der anderen Seite = ALLES. Ihr werdet alles wissen - und Wissen ist Macht.
Darüber hinaus: So sein, wie Gott! Unantastbar! Allmächtig! Unsterblich! Schöpfer und Vernichter! Ein Traum des Homo Sapiens seit der Antike, die vorerst im "Turmbau von Babel" im wahrsten Sinne des Wortes gipfelt und im chaos endet. Das ist die eine Seite.
Doch das "Werden wie Gott" hat anderseits eben auch die Bedeutung, unabhängig von der bisherigen Bezugsperson (die Mutter) zu werden, um als Erwachsener aus den Kinderschuhen herauszukommen. In der Ontogenese ist das eigentlich der entscheidende Schritt, um das Leben meistern zu können. Er ist im Prozess der individuellen Menschwerdung angelegt und von daher scheint es ungerecht, wenn nun "Gott" (die Mutter), den Menschen (= das Kind) aus dem Raum der Geborgenheit hinauswirft und ihm durch die "Engel mit den brennenden Schwertern" einen Weg zurück für immer verwehrt. Gemeint ist hier nichts anderes als die Entwöhnung von der Mutterbrust, wenn die ersten Zähne des Kleinkindes ein Stillen für die Mutter schmerzhaft machen.
- Anderseits jedoch ist die "Vertreibung aus dem Paradies" (= die Loslösung von der Mutter = das Ende der Dyade und Symbiose mit ihr und der Beginn der Phase hin zum eigenständigen und eigenverantwortlichen Leben als Individuum) unbedingt lebensnotwendig!
Wer es nicht schafft, sich von der Mutter emotional zu lösen und beispielsweise mit 35 Jahren immer noch den Wunsch hat, als Embryo in die Mutter zurückzukehren, gilt in unserer Gesellschaft als psychisch krank. Die Ursache dafür aber liegt nicht immer an dem Kind selbst, sondern meist bei dessen Mutter, welche ihr Kind nie losgelassen und mit Fürsorge und "Überliebe" überschüttet hat, auch um selbst dann von seiner Fürsorge für sich selbst zu profitieren. Die Folgen sind und/oder können sein: Psychosen, Depressionen und Manien, Angst- und Essstörungen sowie Persönlichkeitsstörungen und auch Drogen- und Alkoholsucht.
- Es ist also ein unbedingtes "Muss", sich von der Mutter (vor allem emotional) zu lösen. Biblisch gesprochen: Das Essen von dem verbotenen Baum und die anschließende Vertreibung durch Gott (Mutter) aus dem behüteten Garten (Symbiose und Dyade mit der Mutter, das Stillen an der Brust) müssen sich im Leben eines jeden Menschen vollziehen, damit er psychisch gesund und eigenständig sein eigenes Leben leben, eben sich zu einem Individuum entwickeln kann.
Das heißt aber auch, dass die "Schlange", die wie alle anderen Tiere ein Geschöpf Gottes ist, im Leben eines jeden Menschen vorkommen muss. Sie ist nichts anderes als das erwachende "Ich" im Kind, die Fähigkeit und der Wille "nein" zu sagen und etwas zu "wollen" oder "nicht zu wollen", zu rebellieren und zu widersprechen. Ontologisch gesprochen: In jedem von uns lauert das "Böse", das eigentlich gar nicht das Böse ist, seit unserer Zeugung in der Mutter, nämlich der Wunsch, irgendwann ein eigenständiges und selbst verantwortetes Leben führen zu wollen und zu dürfen.
Dieses "Böse" gehört also untrennbar zum Leben des einzelnen Menschen (Ontogenese) und der gesamten Menschheit (Phylogenese) dazu. Nur wer dies akzeptiert und sich mit dieser Tatsache auseinandersetzt -- stehen bleibt, sich umdreht, und den Stier, der ihn verfolgt, küsst, anstatt zeitlebens vor ihm zu fliehen, wird "von dem Bösen erlöst. Insofern hat Jesus der Zimmermann Recht, wenn er meint: "Nur die Wahrheit wird uns frei machen." Allerdings rede ich hier nicht von dem echten BÖSEN, der echter Schuld entlang des Kodex des Hammurabi oder der Zehn Gebote oder der allgemeinen Menschenrechte.
Und nun noch einmal zurück zur Mythe aus dem "Garten des Lebens". Warum wird hier - gefühlt - doch sehr einseitig, allein von der Schuld des Menschen und von seinem "Böse sein" und seiner dann logischen Vertreibung aus dem Paradies berichtet? Warum kein Hinweis auf die Kehrseite der Geschichte, die den Menschen gegenüber Gott "reinwaschen" würde?
Ich habe es schon angedeutet. Ein Kleinkind - ich rede hier von den ersten drei Lebensjahren - könnte nicht überleben, wenn es seine Mutter oder die Liebe respektive die Fürsorge der Mutter verlieren würde, weil sie sich aus eigenem Entschluss von ihm abwendet. Aber auch Mütter sind nur Menschen und kommen an ihre Grenzen. Sie können durch ihre Berufstätigkeit, Hausarbeit, Versorgung der Geschwister und "Verfügbarkeit" für den Ehemann/partner so überlastet sein, dass sie "unser" Kleinkind nicht so versorgen können, wie es sich das wünscht.
Wenn dem so ist, dann aber realisiert das Kleinkind dies nicht so, bzw. will es das auch gar nicht realisieren. Denn für das "Baby" wäre es verheerend sich klar machen zu müssen: die Mutter will mit mir nichts mehr zu tun haben, andere Dinge sind ihr wichtiger, ich habe sie verloren. Deshalb münzt es die Sache "einfach" um und erklärt sich, als das "böse" Kind, welches die Mutter durch ihren "Liebesentzug" bestraft und aus dem Paradies vertreibt. Denn das kann "man" ja wieder gut machen, indem "man" sich in Zukunft brav verhält. Und damit kann das Kind leben.
Und eben die Entwöhnung von der Mutterbrust. Auch hier dreht das Kleinkind den Spieß um und richtet ihn auf sich selbst. Ich war böse, deshalb muss ich jetzt Brot kauen (mit den ersten Zähnen) und Brei herunterwürgen, ohne das alles ohne den seit der Schwangerschaft vertrauten Herzschlag der Mutter zu hören, die Wärme ihrer Haut zu spüren und ihren Duft einzuatmen. Kälte!
Ich glaube, das wollen uns die ersten Seiten des oft in unserem Bücherregal verstaubten Buches sagen - und ich meine, es ist recht gut getroffen, was uns bis heute beschäftigt: Das sich schuldig und böse fühlen, obwohl man/frau beides gar nicht ist.
Die Kirche und die Kirchen haben daraus die "Erbsünde" und ein entsprechendes Geschäftsmodell (Ablass, Fegefeuer ...) gemacht - und damit die Erlösungsbedürftigkeit eines jeden Menschen von seiner Geburt an beschlossen.
Auch wenn ich selbst in einem katholischen Elternhaus so erzogen wurde und evangelische Theologie in diesem Sinne studiert habe, sehe ich das seit nun 25 Jahren etwas anders. Das ist auch meiner Vita geschuldet die mich dazu bewogen hat, auch mal die dunkle Seite des Mondes zu beleuchten, wo es Literatur zu lesen gibt, die den Horizont tatsächlich erweitert.