Sommerwetter 2025: Siebenschläfer - Jetstream - Statistik - Modelle

Auch wenn der Siebenschläfer ein putziges Nagetier ist, hat der Siebenschläfertag seinen Namen nicht ihm zu verdanken. Der Begriff geht auf eine christliche Legende zurück. Diese erzählt von sieben frommen Jünglingen, die aus ihrer Heimatstadt Ephesus fliehen mussten, weil Kaiser Decius sie als Christen verfolgen ließ. Sie versteckten sich in einer Höhle. Doch ihre Verfolger fanden ihr Versteck und mauerten sie ein. Erst 195 Jahre später, im Jahr 446, wurden sie durch einen Zufall wieder entdeckt – lebendig.
Sie sollen 195 Jahre lang geschlafen haben. Ihr Erwachen wurde später zum Wunder erklärt. Ursprünglich fiel der Tag des wundersamen Erwachens auf den 7. Juli. Erst durch eine Kalenderreform verschob sich das Datum auf den 27. Juni.
Historisch betrachtet ist das Datum also nicht korrekt. Aus wissenschaftlicher Sicht lässt sich der Siebenschläfertag auch nicht auf ein bestimmtes Datum festlegen. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) bezeichnet den Siebenschläfer als "Lostag", der auf langjährigen wetterbedingten Beobachtungen beruhe. Entscheidend sei jedoch nicht nur der 27. Juni, sondern vielmehr die Phase vom 27. Juni bis etwa 8. Juli.
Die Siebenschläfer-Regel zählt zu den sogenannten meteorologischen Singularitäten – das sind regelmäßig wiederkehrende Wetterphänomene. In den meisten Jahren stellt sich zwischen dem 27. Juni und dem 8. Juli eine bestimmte Großwetterlage ein. Diese Wetterlage bleibt oft über längere Zeit stabil, weil sich der Verlauf des Jet-Streams über dem Nordatlantik und Europa kaum verändert. Dadurch wird das Wetter der folgenden Wochen maßgeblich geprägt, so der DWD.
Der Jetstream ist ein starker Wind in rund zehn Kilometern Höhe, der von West nach Ost über den Atlantik und Europa weht. Er steuert die Zugbahnen der Tiefdruckgebiete, die Regen mitbringen.
Der Verlauf des Jet-Streams legt sich oftmals Ende Juni oder Anfang Juli fest. In der Folge beeinflusst dieser Höhenwind das Wetter in Europa über Wochen hinweg. Wenn sich zu dieser Zeit ein stabiles Hochdruckgebiet über Skandinavien oder eine Hochdruckbrücke von den Britischen Inseln bis zum Azorenhoch bildet, bringt das in Mitteleuropa oft sonniges und trockenes Wetter. Anders sieht es aus, wenn feuchte Atlantikluft bei einer sogenannten zyklonalen Westlage herangeführt wird: Dann ist das Wetter wechselhaft, oft regnerisch und kühl.
Ein Blick in die meteorologischen Daten zeigt: Die Siebenschläferregel hat eine relativ hohe Trefferquote – und das ist mit dem Verlauf des Jetstream meteorologisch gut erklärbar.
Statistische Auswertungen ergaben nach Angaben des DWD, dass die Eintrittswahrscheinlichkeit der Siebenschläfer-Regel bei der Schönwetter-Variante zwischen 55 und 60 Prozent liegt. "Bei unbeständigen Westwetterlagen trifft die Bauernregel sogar mit 62 bis 70 Prozent zu. Dabei ist die Trefferquote im Alpenvorland höher als in Norddeutschland", schreibt der Wetterdienst.
Eine Auswertung der Wetterdaten aus dem Zeitraum von 1921 bis 2020 zeigte, dass in 64 Prozent der Fälle die Siebenschläferregel sich tatsächlich als gültig erwiesen hat.
Die Trefferquote der Regel lag im Zeitraum von 1921 bis 1990 bei rund 60 Prozent. Noch auffälliger: In den Jahren 1991 bis 2020 stieg die Wahrscheinlichkeit des Eintreffens auf etwa 73 Prozent.
Um eine realistische Einschätzung der Wetterprognose zu ermöglichen, raten Meteorologen zudem dazu, weniger nur auf den 27. Juni zu blicken, als vielmehr die Großwetterlage der ersten Juliwoche zu beobachten. Aus dieser lassen sich verlässliche Rückschlüsse auf den Gesamtmonat ziehen – mit einer Trefferquote zwischen 60 und 80 Prozent. Das entspricht der Genauigkeit einer mittelfristigen Drei-Tage-Vorhersage.
Der Klimawandel hat unterdessen nicht nur Auswirkungen auf die Durchschnittstemperaturen, sondern auch auf die Stabilität von Wetterlagen – und damit indirekt auf die Aussagekraft des Siebenschläfertags. In den letzten Jahrzehnten beobachteten Meteorologen, dass sich Großwetterlagen zunehmend festsetzen. Genau das ist die Grundvoraussetzung für die Gültigkeit von Singularitäten wie dem Siebenschläfer: eine sogenannte Erhaltungsneigung der Wetterlage.
Je stabiler sich Hoch- oder Tiefdruckgebiete ausbilden, desto wahrscheinlicher ist es, dass sich die Witterung der ersten Julitage über Wochen hinweg fortsetzt.
Was verheißen aber die Wettermodelle in diesem Jahr für die Phase des Siebenschläfers? Bereits der Juni zeigt eine deutliche Anomalie. Nach aktuellen Messdaten liegt die Abweichung gegenüber dem klimatologischen Referenzzeitraum von 1961 bis 1990 bei +1,8 Grad. Die Prognosen der Wettermodelle deuten jedoch darauf hin, dass sich dieser Wert noch deutlich steigern könnte: Ein Plus von 2,8 bis 3,2 Grad bis zum Monatsende ist möglich. In diesem Fall wäre der Juni 2025 der 46. Monat in Folge mit überdurchschnittlich hohen Temperaturen in Deutschland. Wird die Marke von +3,0 Grad überschritten, sprechen Meteorologinnen und Meteorologen von einem Extremereignis.
Über dem Nordatlantik liegt aktuell ein typisches Islandtief, während sich das Azorenhoch bis nach Mitteleuropa ausdehnt. Dadurch kann sich zum Juli hin wieder eine stabile, hochsommerliche Wetterlage entwickeln. Bleibt das Hoch in der Zeit um den Siebenschläfertag bestehen, ist eine längere Phase mit Hitze und trockenem Wetter gut möglich.
Ein Blick auf die Wettermodelle bis zum 2. Juli zeigt jedoch: Über Mitteleuropa liegt zwar ein Hochdruckgebiet, doch dieses wird Schwierigkeiten haben, sich dauerhaft zu behaupten. Zunächst bleibt es meist trocken, mit nur wenigen Schauern oder Gewittern. Anfang Juli nimmt die Unwettergefahr aber wieder zu. Die Temperaturen bewegen sich nach dem europäischen ICON-Modell häufig zwischen 28 und 34 Grad – stellenweise sind sogar bis zu 38 Grad möglich. Damit sind weitere sogenannte Wüstentage und tropische Nächte zu erwarten.
Aber nicht nur das Hochdruckgebiet wird schwächer – auch die Tiefdruckgebiete vom Atlantik sind wenig ausgeprägt. Dadurch entsteht eine Wetterlage mit nur geringen Luftdruckunterschieden. In dieser Situation können instabile, feuchte Luftmassen immer wieder nach Deutschland einziehen. Für den Siebenschläferzeitraum ist entscheidend, ob sich diese Störungen durchsetzen – oder ob sich das Hoch behauptet und das Wetter stabil bleibt.
Auch das amerikanische Wettermodell erkennt zunächst eine vorübergehende Hochdrucklage über Mitteleuropa. Diese könnte Anfang Juli zu Temperaturen von bis zu 38 Grad in Deutschland führen. Doch auch hier gilt: Stabilität sieht anders aus. Schon wenige Tage später – rund um den 4. Juli – zeigt das Modell eine Abschwächung des Hochs.
Während sich der Schwerpunkt in Richtung Skandinavien verlagert, öffnet sich in diesem Szenario am westlichen Rand eine Schwachstelle. Diese nutzen Tiefdruckgebiete über dem Nordatlantik, um feuchte und labile Luftmassen nach Mitteleuropa zu transportieren. Die Folge: eine zunehmend schwülwarme Wetterlage mit häufigen Schauern und teils unwetterartigen Gewittern. Bei ausreichend Sonnenschein können die Temperaturen erneut auf 33 Grad steigen, doch die Luft bleibt feucht und instabil.