đ„Magdeburg (aktualisiert): Taleb A. blieb einen (1) Tag vor seinem rechtsradikal intendierten Attentat einem Gerichtstermin fern --- Saudi Arabien warnte --- Explizite Gewaltandrohung im Internet --- GefĂ€hrderansprache blieb aus --- Erinnerung an Berlin: AttentĂ€ter Anis Amri saĂ zuvor in der JVA Ravensburg ...
Stefan Weinert
Der Amokfahrer und gleichzeitig offensichtliche AttentĂ€ter von Magdeburg war der Polizei nicht nur "bekannt", sondern auch dem Amtsgericht Tiergarten in Berlin. Hier sollte er nur 24 Stunden vor seinem Mord an fĂŒnf Menschen - darunter ein neunjĂ€hriges (9) Kind aus Niedersachsen - und Mordanschlag auf weitere 200 BĂŒrger/innen, zu einem Termin erscheinen. Er hatte im Februar 2024 verwirrt vor einer angeblichen Gewalttat gewarnt, wurde aber wegen Missbrauch von Notrufen verurteilt, wogegen er Einspruch einlegte. Um diesen Einspruch sollte es einen Tag vor der Amokfahrt gehen. Jedoch blieb er diesem Termin fern, erschien also nicht. Seine Tat muss mittlerweile wohl als Terrorakt eingestuft werden
Das Geschehen von Magdeburg ist "nur" ein (1) Baustein des wieder einmal zusammengebrochenen bundesdeutschen Sicherheitsnetzes, dass nach der Tat von Solingen (Hanau 2020 sei nicht zu vergessen) angeblich nicht nur in NRW und Hessen, sondern bundesweit signifikant enger gestrickt werden sollte. Damals (Solingen) wurde von politischer Seite aus von einer "ZĂ€sur", also einer Art Zeitenwende, gesprochen, um dem Terror die Stirn zu bieten. Das Waffenrecht sollte verschĂ€rft und ĂŒberhaupt mehr fĂŒr die Sicherheit getan werden. Doch so gut wie nichts dergleichen ist seither geschehen.
Es war geplant, Taleb A. mit der so genannten "GefĂ€hrderansprache" zu konfrontieren. Was a) zeigt, dass er den deutschen Sicherheitsbehörden sehr wohl als ein "GefĂ€hrder" galt, b) die Ansprache aber unterlassen wurde! FĂŒr den Leser dieses Blogs habe ich hier den entsprechenden Paragrafen des deutschen Polizeigesetzes wiedergegeben.
GefÀhrderansprache und -anschreiben, GefÀhrdetenansprache
(1) 1Rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass eine Person in einem ĂŒberschaubaren Zeitraum die öffentliche Sicherheit stören wird, kann die Polizei diese Person ĂŒber die geltende Rechtslage informieren und ihr mitteilen, welche MaĂnahmen die Polizei im Fall einer bevorstehenden oder erfolgten Störung ergreifen wird. 2Zu diesem Zweck kann die Polizei die Person ansprechen (GefĂ€hrderansprache) oder anschreiben (GefĂ€hrderanschreiben).
(2) 1Rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass eine Person in einem ĂŒberschaubaren Zeitraum eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird, die sich gegen Leib, Leben, Freiheit, die sexuelle Selbstbestimmung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder bedeutende fremde Sach- oder Vermögenswerte richtet, kann die Polizei andere Personen hierĂŒber informieren, sofern diese als Opfer der drohenden Straftat in Betracht kommen oder deren Kenntnis von der drohenden Straftat aus anderen GrĂŒnden unbedingt erforderlich ist. 2Zu diesem Zweck kann die Polizei die betroffenen Personen ansprechen (GefĂ€hrdetenansprache). - - - - - - - - - -
Und es ist davon auszugehen, dass es noch tausende von "SchlĂ€fer" in der Bundesrepublik gibt, potentielle AttentĂ€ter, die sich vor allem im Netz = Internet radikalisiert haben respektive sich radikalisieren. Und zwar sowohl von "Rechtsradikaler Seite", als auch von der Seite der gewaltbereiten Islamisten. Viele von ihnen Ă€uĂern sich auch entsprechend im Netz, wo es ĂŒberwiegend ohne Strafverfolgung bleibt, also geduldet und dadurch sogar gefördert wird.
Auch der saudi-arabische Taleb A. gehört dazu. Er und seine "Mitdenker" gehören der weltweiten "Rechten Bewegung" an und vertreten die Narrative von "Volksaustausch" und "Islamisierung" der westlichen Welt und auch Deutschlands mit angeblicher UnterstĂŒtzung der deutschen Regierung, und sie sind AnhĂ€nger von Elon Musk und teilweise auch mit der AfD verbandelt. Bei Taleb A. Amokfahrt - auch wenn er vermutlich ein EinzeltĂ€ter ist - handelte es sich um eine ideologische, also terroristische Tat. Dies unterstreicht der Sozialforscher Hans Goldenbaum in einer gestrigen Sendung bei Phönix.
Auch web.de berichtet, dass "kurz nach dem Auto-Anschlag auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt drei Personen die unfassbare Tat bejubelten â das berichtet auch die "Volksstimme" aus Magdeburg. Die Polizei bestĂ€tigte den Vorfall unter anderem auch der "Bild"-Zeitung. Demnach stand das Trio unweit des Tatorts, an der GoldschmiedebrĂŒcke, wo es den Anschlag lautstark feierte und sich dem Bericht zufolge ĂŒber die Tat freute. Die Polizei stellte anschlieĂend die Personalien der drei Personen fest. Sie erhielten eine Anzeige wegen der "Billigung von Straftaten"."
Noch eine Bemerkung zum Sicherheitskonzept von WeihnachtsmĂ€rkten allgemein und in Bezug auf Magdeburg und "meiner" Stadt Ravensburg. Selbst wenn an allen ZugangsstraĂen Poller, welche kein Auto durchlassen aufgestellt sind oder wĂ€ren, so könnte doch ein Motorradfahrer hindurchrasen, Menschen niederfahren, oder eine Bombe zĂŒnden, oder ... Und: wer ein Attentat will, findet auch einen Weg; 100-prozentige Sicherheit gibt es nicht.
Doch wenn schon ein MitbĂŒrger dieses Landes im Focus von Polizei und Justiz steht und dessen "Wirrnis" bekannt ist und die GefĂ€hrderansprache unterlassen wurde, (siehe unten) dann ist die Möglichkeit eines solches Geschehen meines Erachtens unverzeihlich!
Neben dem Thema Sicherheit geht es bei der Fortsetzung der WeihnachtsmĂ€rkte unter der aktuellen PrĂ€misse auch um die "SolidaritĂ€t" und sichtbare Zeichen von MitgefĂŒhl, nach denen die humanistischen und ethischen (von den "christlichen" Mal ganz abgesehen) GrundsĂ€tze regelrecht schreien, was bedeuten wĂŒrde, die oft mit GlĂŒhwein geschwĂ€ngerten WeihnachtsmĂ€rkte nicht fortzufĂŒhren. Doch leider zĂ€hlen diese Maximen des Anstandes bei Vielen nicht mehr.
Ich erinnere in diesem Zusammenhang an das vor acht Jahren stattgefundene Attentat auf den Berliner Weihnachtsmarkt, wo 99 Prozent aller WeihnachtsmĂ€rkte im Land dennoch fröhlich fortgefĂŒhrt wurden. Der Terrorist Anis Amri sollte eigentlich abgeschoben werden. Er saĂ sogar deshalb in Ravensburg in der JVA, wurde aber wieder freigelassen und hat wenige Monate spĂ€ter tun können, was er auch vorhatte zu tun. Am 30. Juli 2016 hatte die Bundespolizei Anis Amri nach einem Tipp des Berliner Landeskriminalamtes kurz vor der Ausreise in die Schweiz in Friedrichshafen aus einem Fernbus geholt. Bei ihm wurden zwei gefĂ€lschte PĂ€sse gefunden.
Amri wurde in der JVA Hinzistobel in Ravensburg inhaftiert. Und obwohl Amri im polizeilichen Informationssystem INPOL als eine Person ausgeschrieben war, welche âdem islamistischen Spektrum zuzuordnenâ sei, wurde er bereits zwei Tage spĂ€ter, am 1. August 2016 aus der Justizvollzugsanstalt entlassen und ist vermutlich auch ĂŒber den Ravensburger Marienplatz geschlendert, da wo jetzt in alter Manier weiterhin GlĂŒhwein getrunken wird (wenn es denn jedenfalls zumindest das schlechte nicht verhindert).
Die Staatsanwaltschaft und das Amtsgericht Ravensburg hatten sich mit dem Bescheid aus dem nordrhein-westfĂ€lischen Kleve zufriedengegeben, Amri solle entlassen werden, weil fĂŒr eine Abschiebung die notwendigen Papiere fehlen.
Doch wĂ€hrend des Attentats von Berlin 2016 auf einen "christlichen" Weihnachtsmarkt und/oder eindeutig gegen die christliche Religion gerichtet und radikal-islamistisch intendiert war, muss davon ausgegangen werden, dass es im aktuellen Fall von Magdeburg eher kontrĂ€r dazu war. Es war seine Anklage gegen den deutschen Staat und die deutsche Kultur (Weihnachtsmarkt), weil sie nichts gegen die "Islamisierung" des Landes tue. Denn fĂŒr den Saudi-Araber Taleb A. war ein FlĂŒchtling aus einem islamischen Land nur dann wirklich auch ein echter und anzuerkennender FlĂŒchtling, wenn er sich vom islamischen Glauben eindeutig distanziert und lossagt (a.a.O.)
Der TatverdÀchtige des Anschlags auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt war bereits vorher der Berliner Justiz aufgefallen. So sollte Taleb A. einen Tag vor der Tat vor dem Amtsgericht Tiergarten erscheinen. Saudi-Arabien warnte vor ihm.
Der TatverdÀchtige des Anschlags auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg, Taleb A., war der Berliner Justiz bereits vor seiner Tat aufgefallen. Das bestÀtigte die Staatsanwaltschaft Berlin dem rbb am Samstag auf Nachfrage. Zuvor hatte der "Spiegel" berichtet.
Demnach soll A. im Februar 2024 in Berlin auf einer Polizeiwache erschienen sein um eine Anzeige zu erstatten. Dabei machte er laut "Spiegel" wirre Angaben und war mit dem Verhalten der diensthabenden Beamten unzufrieden. Gegen ihn wurde Strafbefehl erlassen, wegen des "Missbrauchs von Notrufen". Dagegen legte A. Einspruch ein.
Ăber jenen Einspruch sollte am Donnerstag, dem Tag vor der Todesfahrt in Magdeburg, vor dem Amtsgericht Tiergarten verhandelt werden. Der Angeklagte erschien aber nicht zu seinem Termin, wie die Amtsanwaltschaft bestĂ€tigte. Der Einspruch wurde dem "Spiegel" zu Folge verworfen.
Der TatverdĂ€chtige stammt aus Saudi-Arabien und kam 2006 nach Deutschland [mdr.de]. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur (DPA) stellte der Arzt im Februar 2016 einen Asylantrag, ĂŒber den im Juli desselben Jahres entschieden wurde. Der saudische StaatsbĂŒrger erhielt damals Asyl als politisch Verfolgter.
Das Motiv war möglicherweise Unzufriedenheit mit dem Umgang von FlĂŒchtlingen aus Saudi-Arabien in Deutschland. Das sei der gegenwĂ€rtige Stand der Ermittlungen, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt. A. ist nach DPA-Informationen als islamkritischer Aktivist bekannt und bezeichnet sich selbst als Ex-Muslim.
In sozialen Medien und Interviews erhob er zuletzt teils wirr formulierte VorwĂŒrfe gegen deutsche Behörden. Er hielt ihnen unter anderem vor, nicht genĂŒgend gegen Islamismus zu unternehmen. Unter den öffentlich einsehbaren ĂuĂerungen des TatverdĂ€chtigen in den sozialen Medien finden sich auch explizite Gewaltandrohungen. Das berichtet unter anderem die Tagesschau [tagesschau.de].
Als GefĂ€hrder wurde der mutmaĂliche TĂ€ter jedoch nicht eingestuft, auch als Extremist war er den Behörden nach Informationen aus Sicherheitskreisen nicht bekannt. Bei der Polizei sollen sich allerdings nach Informationen von WDR, NDR und SZ mehrfach Menschen wegen dieser Gewaltdrohungen gemeldet haben, auch in Magdeburg.
Auf einer Pressekonferenz am Samstagnachmittag erklÀrte der Direktor der Polizei Magdeburg, Tom-Oliver-Langhans, in der Vergangenheit sei eine Strafanzeige gegen den TatverdÀchtigen aufgenommen worden. Es sei beabsichtigt gewesen, eine GefÀhrderansprache vorzunehmen. Warum es dazu nicht gekommen sei, sei Gegenstand der Ermittlungen. Die Polizei geht von einem EinzeltÀter aus. Nach derzeitigem Ermittlungsstand könne ein zweiter TÀter ausgeschlossen werden, sagte ein Polizeisprecher.
Sympathien fĂŒr die AfD waren unter anderem in einem Post auf einem X-Account geĂ€uĂert worden, der unter dem Namen des tatverdĂ€chtigen Mannes aus Saudi-Arabien gefĂŒhrt wird.
Der mutmaĂliche TĂ€ter war nach Angaben der AfD aber kein Parteimitglied. "Wir können ausschlieĂen, dass der TĂ€ter von Magdeburg Mitglied der AfD war", sagte ein Sprecher von Parteichefin Alice Weidel der "Rheinischen Post". Es habe auch nie ein Mitgliedsantrag vorgelegen.
Saudi-Arabien hat Deutschland saudischen Sicherheitskreisen zufolge vor dem mutmaĂlichen TĂ€ter gewarnt. Das Königreich habe seine Auslieferung beantragt, darauf habe Deutschland nicht reagiert, hieĂ es.
Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur in Berlin hatte es vor rund einem Jahr eine Art Warnhinweis zu dem Mann an die deutschen Behörden gegeben.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) verwies bei einem Statement am Samstag in Magdeburg darauf, dass derzeit Ermittlungen liefen. Details nannte sie nicht. Was es möglicherweise an Warnungen gegeben habe oder nicht, obliege den Ermittlungsbehörden, betonte die SPD-Politikerin.
Der TatverdĂ€chtige sei Schiit gewesen. Nur etwa zehn Prozent der Bevölkerung in dem mehrheitlich sunnitischen Land Saudi-Arabien sind schiitisch. Es gibt immer wieder Berichte ĂŒber Diskriminierungen gegenĂŒber Schiiten im Land.