"OPA WAR KEIN NAZI." --- Leserreaktionen auf MERZ'ens SA-Vorfahr ... Wer lesen kann, ist im Vorteil ... Friedrichs Familienkontinuität hält den Rechten die Türe auf ...
Verehrte Leserschaft,
am gestrigen Tage hatte ich hier einen Artikel (mit Quellenangabe) veröffentlicht, der mir in den verschiedensten Facebookgruppen einen mittleren Shitstorm einbrachte. Allerdings zeugten diese Kommentare davon, dass die User den Artikel meist entweder nur oberflächlich gelesen oder ihn nicht verstanden hatten. Ganz im Gegensatz zum Kommentar zum Artikel auf diesem Blog (lese dort), den ich zwar inhaltlich nicht "teile", der aber immerhin differenziert geschrieben und daher von mir zu respektieren ist.
Um diesen Artikel geht es:
Friedrich Merz bejubelt(e) seinen Großvater (Mitglied der NSDAP und SA) und bezeichnet(e) ihn als "beeindruckende Persönlichkeit"
4. Feb. 2025
Die Posts auf Facebook - teilweise mit Daumen hoch - klangen wie folgt:
Ich musste dann fast immer mit "es geht hier nicht um den Opa, sondern um die Verherrlichung des Opas als SA-Mann durch Enkel Merz", oder ähnlichen Sätzen reagieren und hab' mich über die Oberflächlichkeit der FB-User geärgert. Eben mal den Text überfliegen und dann Kritik raushauen, die letztlich gegen einen selbst geht, weil man/frau unqualifiziert reagiert hat!
Ach ja, ich erhielt gestern per E-Mail noch eine weitere Reaktion, die ich hier abdrucke, sie geht so (leicht gekürzt):
Und diese E-Mail hat mich dazu bewogen, eine Rezension zu diesem erwähnten Buch "Opa war kein Nazi" leicht auszugsweise zu veröffentlichen. In diesem Buch beschäftigt sich Welzer mit der Zeit des Nationalsozialismus aus sozialpsychologischer Sicht, indem er das Verhalten von Menschen im Alltag während des Nationalsozialismus sowie Formen familiärer Erinnerungstradierung untersucht. Von Täterschaft oder Verantwortung sei in den Familien wenig zu hören gewesen, stellen er und die Mitautoren fest. Verharmlosungen und vorgebliches Nichtwissen tauchten dagegen sehr oft auf. Beteiligte Familienmitglieder würden, so Welzer et al., sogar als Opfer oder als Helden geschildert.
Hier ein Auszug aus der Buchbesprechung (Teaser):
"In dem Band "Opa war kein Nazi" fragen Harald Welzer, Sabine Moller und Karoline Tschuuggnall danach, "was 'ganz normale Deutsche' aus der NS-Vergangenheit erinnern, wie sie darüber sprechen und was davon auf dem Wege kommunikativer Tradierung an die Kinder und Enkelgenerationen weitergegeben wird" (S. 11). Sie bieten damit einen neuen Zugang zum Umgang mit der NS-Vergangenheit in Deutschland an, nämlich über die Analyse von Familiengesprächen und Familiengedächtnis. ...
Bereits in den letzten zehn Jahren hat sich die Holocaust-Forschung – angeregt von der Pionier-Studie Christopher R. Brownings und im Gefolge von Goldhagen-Kontroverse und Wehrmachtsausstellung – verstärkt dem Verhalten der "ganz normalen Deutschen" im Nationalsozialismus gewidmet. Doch die historische Analyse der Handlungsspielräume und Überzeugungen jener Millionen deutscher Arisierungsgewinnler, Denunzianten, Mitläufer, Sympathisanten und Wegseher, eben der "bystanders" (Raul Hilberg), erwies sich als methodisch ausgesprochen schwieriges Unterfangen. Generalisierbare Aussagen scheinen nur für eng umgrenzte Fallbeispiele möglich 1. Von einer breitgefächerten Alltags- und Gesellschaftsgeschichte des NS sind wir noch immer weit entfernt 2. Die brennenden Fragen bleiben: Woher rührte die große Popularität des Regimes bis weit in die letzte Kriegsphase hinein? Was trieb das Gros der "einfachen Deutschen" an? Wie ist die eskalierende moralische Gleichgültigkeit der meisten Deutschen gegenüber der Entrechtung und Ermordung der Juden und der verbrecherischen NS-Besatzungspolitik adäquat zu erklären?"
Hier spannend und erhellend bei H / SOZ / KULT alles lesen ...