"Der FRIEDEN und der linde MORGENWIND" - Von einem, der den Welt-Krieg II. überlebte ...
DER FRIEDEN UND DER LINDE MORGENWIND *)
Text: Werner Schwab, 1947
Werner Schwab: *1929; + 2017
Musik: Stefan Weinert, 2015
»Vielleicht, wenn wir schon längst verglommen / Und unsere Leiber nur noch Moder sind /
Wird irgendwoher neues Denken kommen / Und uns nicht Helden nennen. Nur noch Kind / –
Wir werden dann die Uniformen von uns tuen, /
Die uns bekleiden, Koppel und Gewehr /
Und als Geopferte in unsern Gräbern ruhen, /
Millionen Knaben. Längst verfault. Ein Heer./ –
Die Lehrer wird man große Mörder nennen, / die uns zum Kampf erzogen und zum Krieg /
Die Orden und die Uniform verbrennen. / Und Raubmord sagen, nicht mehr Sieg./ –
Den Kindern jener Mädchen, die wir küßten, /
Und die nicht unsere eigenen Kinder sind, /
Wird es so sein, als ob sie nur dies wüßten: /
//: Den Frieden. Und den linden Morgenwind. ://
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*) Dieser Text erschien am 8. Mai 2015 im Mantelteil der "Schwäbischen Zeitung". Er wurde im Jahre 1947 von dem jungen Werner Schwab, der später lange Zeit ab 1950 für die "Schwäbische" gearbeitet hatte, geschrieben. Mich sprach der Text so sehr an, dass ich ihn vertonte.
Über die Redaktion der "Seite 3" jener Zeitung, gelangte ich im Frühjahr 2015 an die Telefonnummer des Herrn Schwab, der im Schwarzwald lebte, und erzählte ihm, wie sehr mich sein Text angesprochen habe und dass ich dazu eine Melodie komponiert hätte. Ich fragte ihn, ob ich - wenn sich die Gelegenheit ergibt - das Lied auch öffentlich singen dürfe.
Werner Schwab freute sich sehr über die Vertonung seines Textes und erlaubte mir, ihn - unter Nennung seines Namens - vorzutragen. "Aber," so meinte der inzwischen sehr alt gewordenen Herr, "ich möchte dabei sein, wenn sie es das erste Mal vortragen." Das war für mich selbstverständlich. Doch bin ich bisher nicht dazu gekommen, das Lied öffentlich zu singen. Nicht vor seinem Tod im Jahr 2017 und auch nicht bis heute (August 2024) Werner Schwab: Rest In Peace!
Im Gegensatz zu seinen gleichaltrigen Kameraden, hatte Werner Schwab den Wahnsinn des zweiten Weltkrieges überlebt und war am 8. Mai 1947 mit seiner französischen Freundin Mireille, die als Lieutenant der französischen Besatzungsmacht in Deutschland diente, mit dem Schiff über den Bodensee zur Insel Mainau gefahren. Seit 1944 glaubte Schwab nicht mehr an den "Endsieg". Und für ihn hat sich der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker (+) ein unvergängliches Verdienst erworben, als er sagte, dass der 8. Mai der Tag der Befreiung auch für Deutschland gewesen ist.
Wenn ich Schwabs Zeilen lese oder für mich singe, muss ich an den ersten deutschen Antikriegsfilm "Die Brücke" denken, oder an die ein oder andere Szene des Films "Der Untergang", wo Buben und Mädchen im damaligen Alter Schwabs als letztes Aufgebot deutschen Wahnsinns völlig sinnlos ihr junges Leben verloren.
Vielleicht ergibt sich ja demnächst eine Gelegenheit für mich, das Lied öffentlich zu singen.