Berechtigte Kritik an Israel - Unberechtigtes Schweigen zu Hamas ... Der eiskalte und abwendende Blick der linken Szene vom Massaker des 7. Oktober 2023 ... Es wird keinen Frieden geben ...
Es wird keinen Frieden geben - zwischen Jordan und Mittelmeer ... ... ... ... Das mag sich nach Resignation anhören, was aber Friedensbemühung nicht ausschließen darf.
Stefan Weinert
In diesen Tagen werde ich als Blogger teilweise hart angegangen, weil der Eindruck entsteht, ich sehe - wenn überhaupt - nur mit einem Auge auf den Nahen Osten und betone dabei die Gräueltaten von Hamas und Hisbollah und allen, die im Kontext gegen Israel kämpfen. Das muss auch so erscheinen, weil ich a) eine andere Herangehensweise an den Brandherd zwischen West-Jordanland, Jordanfluss und Mittelmeer habe, und b) ein Gegengewicht gegen die von mir so empfundene Einseitigkeit der internationalen Weltgemeinschaft - und hier vor allem der Linken Internationalen *) - setzen möchte. Beides aber kommt bei Letzterer gar nicht gut an.
Dabei hatte ich bereits in meiner theologischen Abschlussarbeit (ich habe keinen Dr. theol. :) im Jahre 1983 mit dem Thema "Das Wiedererstehen des Staates Israel unter biblischem Aspekt" schriftlich fixiert, dass nicht alles gutzuheißen sei, was Israel gegenüber dem palästinensischen Volk tut und wie es mit ihm umgeht. Damals gab es Hamas noch nicht, sondern Jassir Arafat war Führer der PLO. Hamas gründete sich Ende 1987, weil ihr die PLO zu sanft gegen Israel war. Sie verdrängte später auch die Fatah in den Westjordan, weil auch die zu "sanft" sei.
Doch eines muss man/frau wissen: Juden und Araber sind beide Brüder; beide stammen ab von Sem, einem der drei Söhne Noahs. Abraham war ein Nachfahre von Sem. Von seinem ersten Sohn Ismael mit seiner Nebenfrau, stammen die Araber (die meisten von ihnen nahmen ab dem 6. Jahrhundert n.Chr. den Islam als Glauben an), von seinem zweiten Sohn Isaak mit seiner Lieblingsfrau, stammt das Volk Israel ab, das ab dem 6. vorchristlichen Jahrhundert nach dem israelischen Stamm Juda, das Volk der Juden genannt wurde.
Der säkulare und "aufgeklärte" Leser mag das alles für Quatsch - da ja nur biblisch - halten, benutzt aber dennoch biblische Begriffe und Redensarten. Doch sowohl für die Juden heute und die Muslime heute ist das Fakt und nachzulesen in ihren Heiligen Büchern - in der Bibel und im Koran! Und das ist für den heutigen Konflikt auch entscheidend, zu wissen. Allerdings versteht sich Israel (der Sohn Isaaks mit Namen Jakob erhielt später den Namen "Israel" = der, der mit Gott [EL] streitet) heute explizit als demokratisch-säkularer Staat, während die orthodoxen Juden ihn rein religiös verstehen, was auch den Konflikt in der aktuellen Regierung mit ihrer Beteiligung teilweise erklärt.
Korrekt müssten also auch die arabischen/muslimischen Mitmenschen als Semiten bezeichnet werden, und nicht nur die Juden. Das aber blieb seit dem aufkommenden "Antijudaismus und Antisemitismus" - ob bei Luther, der Weimarer Zeit, ob ab 1933 und bis auf diesen Tag, vollkommen aus. Und daher sind - korrekter Weise und für den historisch Wissenden - islamophobe Mitglieder unserer Gesellschaft wie die der AfD, Antisemiten. Abgesehen davon, dass sie teilweise auch noch judenfeindlich sind.
Wie aber ist das alles friedlich zu bündeln? Die Hamas und die Hisbollah haben das erklärte Ziel, den Staat Israel zu vernichten und alle Juden zwischen River and the sea entweder zu töten oder zu vertreiben. Israel will die Hamas vernichten und Hisbollah schwächen, weil es ansonsten befürchten muss, tatsächlich vom Erdboden zu verschwinden. Und da es dem palästinensischen Volk nicht gelingt, oder es vielleicht auch gar nicht will, sich von Hamas ... zu befreien und zu distanzieren, ist es so, wie es ist ...
Allerdings halten sich Palästinenserfreunde und Israelfreunde weltweit gesehen nicht die Waage. Sie senkt sich mehr und mehr zu Ungunsten derer, die sich unter der Flagge mit dem Stern Judäas versammeln. Es wird keinen Frieden geben - zwischen Jordan und Mittelmeer ... ... ... ... Das mag sich nach Resignation anhören, was aber Friedenbemühung nicht ausschließen darf.
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DIE ZEIT
Es ist ein langer Brief zum kurzen Abschied, und schon die Überschrift sagt alles: "Wir, die Linken? Nicht mehr". Verfasst hat ihn die französisch-israelische Soziologin Eva Illouz, die erschüttert darüber ist, wie gleichgültig, wie kalt und mitleidlos die internationale Linke auf die Barbarei der Hamas reagiert hat. Kaum einer, schreibt sie in der Süddeutschen Zeitung, "sei bereit gewesen, den Juden in ihrer Trauer beizustehen" und ihnen das Mitgefühl auszusprechen. Ausgerechnet jene, die ständig das Wort Solidarität im Munde führen und "seit zwei Jahrhunderten Gleichheit, Freiheit und Menschenwürde" verteidigen, hätten die terrorisierten Juden "schamlos im Stich gelassen". Und weiter: "Bisher hielt ich Verbrechen gegen die Menschheit immer für das letzte, das überhaupt noch in der Lage ist, eine moralische Gemeinschaft zu stiften. Ich glaubte auch, dass das politische Lager, das am meisten von den Gräueltaten abgestoßen sein würde, meine eigenen Leute wären, die Linken. Nun nicht mehr. (…) Das Mitgefühl der Unterzeichneten galt ausschließlich den vertriebenen Palästinensern und den Opfern der israelischen Vergeltungsschläge. Der Tod israelischer Zivilisten war ihnen keine einzige Erwähnung wert." Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg erlebten die Juden "Antisemitismus auf Weltniveau".
Illouz' von Bitternis durchtränkter Brief ist ein historisches Dokument, denn er spricht aus, was seit Jahren offenkundig ist: Eine globale Linke, die willens ist, angesichts des Entsetzlichen eine "moralische Gemeinschaft" zu bilden, existiert nicht mehr. Auf der einen Seite steht, verkürzt gesagt, die universalistische Linke, die mit einem gewissen Trotz die Ideale der europäischen Aufklärung verteidigt; auf der anderen Seite steht die postkoloniale Linke, die in diesen Idealen kaum anderes erkennen will als eine typisch westliche, mit Moral verkleisterte Herrschaftstechnik, einen Abgrund an Heuchelei und double standards: Mit der Bibel in der Hand überfielen "humanistische" Siedler aus dem "aufgeklärten" Europa den Süden, um ihn auszupressen und seine Bewohner millionenfach abzuschlachten. Erst kam der zivilisatorische Singsang, dann kamen die Ketten. Darum müssen die Verdammten dieser Erde, vor allem in Palästina, befreit und zum Widerstand ermutigt werden. Allerdings nicht unter Berufung auf bigotte westliche Werte und die "eurozentrische Episteme" (so der argentinische Forscher Walter D. Mignolo, der aus seiner israelfeindlichen Haltung keinen Hehl macht). Sondern allein unter Rückgriff auf die wahren Werte, auf die verschütteten Quellen der unterdrückten "Völker".
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