"Kinder an die Front!" - Mit Hüpfburgen, Schminke und Panzern kriegstüchtig werden ... "Das Boot" vor der Halbinsel Krim ...?
"Die Armeen aus Gummibärchen
Die Panzer aus Marzipan
Kriege werden aufgegessen
Einfacher Plan
Kindlich genial."
"Gebt den Kindern das Kommando
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Kinder an die Macht."
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Blogger Stefan Weinert
Den oben zitierten Text schreibt der deutsche Liedermacher Herbert Grönemeyer vor genau 40 Jahren. Am 31. März 1986 erschien das Lied "Kinder an die Macht" als ausgekoppelte Single seiner neuen LP "Sprünge". Fünf Jahre zuvor, war Grönemeyer als Schauspieler in der Rolle des Kriegsberichterstatters Werner in dem Antikriegsfilm "Das Boot" zu sehen. Bis heute frage ich mich allerdings, ob der Film von Wolfgang Petersen (+ 2022) nicht eher eine Verherrlichung deutscher Kriegstüchtigkeit von 1939 bis 45 darstellt!
Grönemeyers Text entstand genau in der Zeit, als Michal Gorbatschow mit "Glasnost und Perestroika" begann, die Reformbewegung in der damaligen Sowjetunion anzustoßen, welche bekanntlich zur Beendigung des Ost-West-Konflikts, zum Fall des „Eisernen Vorhangs“ und somit zum Ende des „Kalten Krieges“ führte.
Was ist - zwei moderne Generationen später - daraus geworden? Sowohl aus Glasnost und Perestroika, als auch aus Grönemeyers Text. Eigentlich ist das ja eine Suggestivfrage.
Aber es sei noch einmal darauf hingewiesen, dass es NATO, USA, EU und die BRD geschafft haben, aus dem Bruderkrieg "Russland versus Ukraine" einen neuen "Kalten Krieg" zu generieren, inclusive dem Narrativ, dass unsere Freiheit dort am Dnjepr verteidigt würde und inclusive dem Aufruf zur Aufrüstung Deutschlands --- bevor es zu spät ist.
Und das Lied aus den 1980er Jahren muss wohl umgedichtet werden. Allerdings steht für diese "Umwidmung" nicht der Name und die Person des Herbert Grönemeyer - ganz im Gegenteil - sondern die Namen Strack-Zimmermann, Pistorius, Habeck, Baerbock, Merz und Rheinmetall. Um das klarzustellen!!
"Die Armeen von Männern und Frauen
Die eben noch unsere Kinder waren
Kriege fressen sie auf
Einfacher Plan
Politisch genial."
"Gebt schon jetzt Kindern das Kommando
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Kinder an die FRONT."
Im Folgenden ein Interview mit dem Influencer Simon David Dressler dem ich zustimme und hinzufüge: Wladimir Putin wird der Kriegstüchtigkeit Deutschlands zuvorkommen ... es sei denn, es findet sich nur ein (1) vernünftiger deutscher Politiker am entscheidenden Hebel, der daraus die im Grundgesetz postulierte einfache "Verteidigungsfähigkeit" macht.
Es gibt diese Politiker - aber sie werden degradiert, ausgeladen und diffamiert ...
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Am „Tag der Bundeswehr“ erlebte der Influencer Simon David Dressler, wie Kriegsgerät und Kinderhüpfburgen Seite an Seite präsentiert werden – für ihn ein Sinnbild einer besorgniserregenden Entwicklung. Im Interview mit der Berliner Zeitung spricht der Influencer über seine Eindrücke aus der Kaserne, die Militarisierung des öffentlichen Diskurses, die Rolle der Medien und warum für ihn Solidarität nicht an Landesgrenzen enden darf.
Er warnt davor, dass Aufrüstung den Krieg nicht verhindert, sondern ihn wahrscheinlicher macht. Ein Gespräch über Friedenspolitik, Shitstorms und die Hoffnung auf Veränderung.
Herr Dressler, ich habe gehört, dass Sie am Tag der Bundeswehr am vergangenen Wochenende in einer Kaserne in Norddeutschland waren. Was haben Sie dort erlebt?
Ich war für einen Fernsehdreh dort und muss sagen, dass mir vorher gar nicht bewusst war, was der Tag der Bundeswehr wirklich bedeutet. Als ich an der Kaserne ankam, strömten mir hunderte Menschen und Kinder entgegen. Ich war schockiert, dass so viele einen Besuch bei der Bundeswehr als Familienausflug planten. Diese Mischung aus Hüpfburgen und Panzern, Kampfhubschraubern und anderem Kriegsgerät fand ich pervers.
Sie haben danach ein Video über den Tag der Bundeswehr auf ihren Kanälen veröffentlicht, in dem sie von „Militärfetisch-Land“ gesprochen haben. Was meinen Sie damit?
In Deutschland haben wir lange mit einem Schmunzeln auf die Amerikaner und ihren Militärkult geblickt. Dieses Abfeiern des Militärs hat bei uns und auch in anderen westlichen Ländern nie so richtig verfangen. Aber genau das ändert sich jetzt. In meinem Video habe ich Bilder aus der Tagesschau und anderen Medien über den Tag der Bundeswehr eingeblendet, auf denen Kinder mit Flecktarn geschminkt oder mit einer Waffe in der Hand zu sehen sind. Normalerweise sehen wir diese Bilder in der Tagesschau immer nur im Kontext von: Das ist eine ganz böse Diktatur, zum Beispiel China, Russland oder der Iran, da werden schon Kinder mit Krieg konfrontiert! Aber der ÖRR hat diesmal einfach im Stil von „ach schön, da ist Tag der offenen Tür bei der Bundeswehr“ berichtet. Das ist hochgradig verlogen.
Sie sprechen sich gegen die Kriegstüchtigkeit Deutschlands aus. Sollte sich das Land angesichts der heutigen geopolitischen Lage nicht stärker um seine Verteidigung kümmern?
Ich spreche mich gegen Kriegstüchtigkeit aus, weil ich erstens nicht glaube, dass Deutschland unmittelbar bedroht ist. All diese Szenarien à la „der Russe steht in drei Jahren vor der Tür” halte ich für lachhaft. Selbst Hardliner wie Carlo Masala sprechen nicht davon, dass sich Deutschland kurz vor einer bewaffneten Auseinandersetzung mit Russland befindet. Zweitens bin ich der Meinung, dass Kriegsvorbereitung den Krieg heraufbeschwört. Wenn sich verfeindete Länder immer weiter aufrüsten, werden sie nicht irgendwann sagen: „Oh, jetzt haben wir ein Gleichgewicht erreicht, jetzt hören wir auf, jetzt ist Ruhe“, sondern es geht immer weiter. Meine Sorge ist, dass all die neuen Waffen eines Tages einfach deshalb eingesetzt werden, weil sie existieren. Wenn Staaten einen größeren Anreiz haben, ihre nationalen Interessen mit Waffengewalt durchzusetzen, dann werden sie das früher oder später auch tun.
Sie würden nicht für Deutschland kämpfen?
Nein, das würde ich nie tun.
In der öffentlichen Debatte wird oft eingewendet, eine solche Haltung sei egoistisch und das Gemeinwohl müsse über das Individuum stehen. Können Sie als Linker dieser Argumentation nichts abgewinnen?
Diese Argumentation funktioniert nur, wenn man das Gemeinwohl mit dem Staatswohl gleichsetzt. Wenn also gesagt wird: Der Staat wird angegriffen, und das ist dasselbe, wie wenn unsere Gemeinschaft angegriffen wird. Diese Gleichsetzung halte ich jedoch für einen propagandistischen Trick. Ich bin in Süddeutschland aufgewachsen, ungefähr eine halbe Stunde von Straßburg entfernt. Schon als Teenager habe ich mich gefragt, was mich eigentlich von Gleichaltrigen auf der anderen Seite des Rheins trennt, abgesehen von Sprache und Pass. Wir haben eine ähnliche Kultur, Bräuche, Geografie und klimatische Bedingungen. Im Zweifelsfall müsste ich mich aber mit einem Stralsunder verbünden, mit dem ich außer der Sprache und dem Pass wahrscheinlich sehr wenig gemeinsam habe, um den Straßburger über den Haufen zu schießen, weil unsere Staaten uns sagen, wir müssen einander hassen. Deswegen halte ich diese Gleichsetzung von Gemeinwohl und Staatswohl für konstruiert. Um territoriale und politische Souveränität zu verteidigen, ist der Staat bereit, über unsere Leichen zu gehen.
Viele Deutsche scheinen das anders zu sehen. Die Mehrheit der Bevölkerung beispielsweise spricht sich für die Wiedereinführung der Wehrpflicht aus.
Das wundert mich nicht. Die deutsche Bevölkerung ist im Durchschnitt sehr alt und besteht vor allem aus Leuten, die wissen, dass sie selbst überhaupt nichts mehr mit Wehrpflicht oder Landesverteidigung zu tun haben. Daher können auch besonders große Staatsmänner wie Herr Habeck und hartgesottene Punkrocker wie Herr Campino sagen, sie würden heute natürlich sofort ihren Wehrdienst leisten. Interessant ist doch: Fast 60 Prozent der Deutschen sprechen sich für eine Wehrpflicht aus. Wenn man jedoch fragt, ob sie persönlich für Deutschland an der Waffe dienen würden, sagen nur noch 17 Prozent, dass sie das tun würden.
Könnte ein sozialer Pflichtdienst eine Alternative zur Wehrpflicht sein?
Das ist eigentlich die interessantere Thematik. Als Linker ist mir Solidarität unter Menschen wichtig. Das Problem ist jedoch, dass uns spätestens seit der neoliberalen Wende in den 1980er Jahren mit Gewalt eingetrichtert wurde, immer nur an uns selbst zu denken, und dass es gemäß Margaret Thatcher keine Gesellschaft, sondern nur Individuen gibt. Heute, wo dieses System an sein gerechtes Ende kommt, fällt den Politikern auf: „Oh, es wäre ja schön, wenn sich junge Leute mal wieder engagieren würden, wenn es ein ‚Wir‘ gäbe.“ Dafür wird dann ein verpflichtendes Dienstjahr gewissermaßen als Symptombekämpfung vorgeschlagen. Prinzipiell bin ich dafür, dass es ein „Wir” gibt. Ich möchte nur nicht, dass es ein nationales „Wir“ ist, weil ich, wie schon gesagt, nicht anerkenne, warum diese Solidarität zum Beispiel an der Grenze zu Straßburg aufhören soll.
Es kommen viele Faktoren zusammen. Ein wichtiger Grund ist meiner Meinung nach die einseitige mediale Atmosphäre in Deutschland, die eine unfassbar militaristische Haltung widerspiegelt, die überhaupt nicht der Haltung der Bevölkerung entspricht. Wie bereits erwähnt, wäre nur ein geringer Anteil der Bevölkerung tatsächlich bereit, für Deutschland zu kämpfen. Schaut man sich jedoch die mediale Berichterstattung an, entsteht genau der gegensätzliche Eindruck, nämlich dass es die ganz große Mehrheit der Deutschen so will. Ich glaube, diese Berichterstattung demotiviert viele Menschen oder lässt sie glauben, ihre Meinung sei eine Minderheitenmeinung. Dadurch wird eine massenhafte Mobilisierung für Frieden verhindert.
Sie haben erst vor kurzem ein Video zur Berichterstattung über Krieg veröffentlicht. Sie sagen, die Medien verharmlosen den Krieg. Wie genau meinen Sie das?
Es wird mit einer unfassbaren Menge an Euphemismen gearbeitet. Zum Beispiel wird immer wieder berichtet, dass sich die Frontverläufe in der Ukraine so oder so verändert haben. Konkret bedeutet das, dass sich hunderte bis tausende junge Männer gegenseitig erschießen, auf einer Seite aber ein paar mehr getötet wurden. Diese Realität des Krieges wird abstrahiert, sie wird nicht gezeigt. Das Gleiche erleben wir im Vernichtungskrieg Israels in Gaza: Seit fast zwei Jahren erleben wir hier ein Wettbewerb von Euphemismen. In der Berichterstattung ist meist von „möglichen Opfern in Gaza” die Rede und der Akteur Israel wird erst gar nicht benannt.
Zum Glück gibt es Social Media. Ja, Instagram, TikTok und Co. haben viele negative Seiten, aber man bekommt auch ungefilterte Inhalte aus Kriegsgebieten. So kann man sehen, was Krieg wirklich bedeutet, ohne dass er durch eine redaktionelle Bearbeitung verharmlost und in Worthülsen gekleidet wird.
Mit Ihren Videos erzielen Sie auf Social Media teilweise mehrere Hunderttausend Aufrufe. Erhalten Sie für Ihre Inhalte auch Anfeindungen?
Was Gaza und Palästina angeht, fast gar nicht. Es finden sich immer ein paar Leute, die mich als Antisemiten bezeichnen, wenn ich über Israels Kriegsverbrechen in Gaza spreche, aber viel mehr nicht. Den größten Shitstorm hatte ich bisher, als ich den Vorsitzenden der Grünen Jugend, Jakob Blasel, kritisiert habe. Der hatte gesagt, dass jeder, der zögert, Europa mit der Waffe zu verteidigen, naiv und unsolidarisch sei. Ich habe ihn im Video gefragt, wann er denn Europa mit der Waffe verteidigt habe, da alles andere ja naiv und unsolidarisch sei. Es war unfassbar, welchen Gegenwind aus der untersten Schublade ich dafür erlebt habe – und zwar nicht von AfD-Patrioten, sondern von Leuten, die #TeamHabeck in ihrem Social-Media-Profil stehen haben.
Kurz danach habe ich ein Video veröffentlicht, in dem ich erkläre, warum ich den Ukrainekrieg als Stellvertreterkrieg zwischen dem Nato-Block und Russland verstehe. Dabei habe ich den Menschen in der Ukraine nicht ihr Recht auf Selbstverteidigung gegen die tatsächlich völkerrechtswidrige russische Invasion abgesprochen, sondern lediglich darauf hingewiesen, dass der Westen auch eigene Interessen im Ukrainekrieg verfolgt, die nicht nur aus selbstloser Liebe zur Demokratie bestehen, sondern auch eine ökonomische und geopolitische Natur haben könnten.
Die Anfeindungen, die ich nach diesem Video per E-Mail, Instagram-Direktnachricht und in den Kommentaren erfahren habe, waren wirklich heftig. Viele User haben mir geschrieben: „Ja, aber wenn der Iwan erst mal im Vorgarten deiner Mutter oder deiner Freundin steht und sie vor deinen Augen etc. etc., was machst du dann??“. Da hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, dass das mir gerade tatsächlich ein bisschen nahe geht.
Haben Sie darüber nachgedacht, mit dem Influencing aufzuhören?
Nein. Ich habe einfach aufgehört, die Kommentare zu lesen.
Was treibt Sie an, trotz dieser Anfeindungen weiterzumachen?
Ich finde die Anfeindungen natürlich blöd, aber sie sind ein winziger Teil der Rückmeldungen, die ich bekomme; die sind in der überwältigenden Mehrheit nämlich positiv. Wenn mir beispielsweise junge Menschen schreiben, dass sie durch mich politisiert wurden und meine Videos sie auf andere Gedanken gebracht haben, gibt mir das unglaublich viel. Ich merke dann, dass meine Videos nicht im digitalen Äther verpuffen. Ich halte mittlerweile auch viele Vorträge und nehme an Podiumsdiskussionen teil. Wenn ich anschließend mit den Leuten aus dem Publikum spreche, merke ich, dass die Inhalte, die ich produziere, tatsächlich einen Einfluss haben.
Haben Sie ein Beispiel?
Einer meiner Instagram-Follower hat mir letztes Jahr kurz vor der Europawahl geschrieben, dass er eigentlich CDU-Wähler ist, aber wegen meiner Videos zum ersten Mal die Grünen wählen wird. Ich habe ihm zurückgeschrieben: „Cool, noch besser wäre natürlich Die Linke, aber es ist schon mal ein erster Schritt.“ Bei der diesjährigen Bundestagswahl hat er mir erneut geschrieben, dass er dieses Mal Die Linke wählen würde. Es ist für mich unfassbar schön zu sehen, dass Menschen ihre Meinung ändern können. Sonst wird ja immer behauptet, dass Social Media die Menschen nur in ihren Meinungen bestätigt. Aber das stimmt nicht, die Menschen verändern sich ständig – und das ist gut so.