Krallen ziehen! Aber wem? Das Gebot der ersten Stunde von Demokratie und Klima ...
26. Februar, 2025 um 11:30 Uhr,
Keine Kommentare
Stefan Weinert
via E-Mail
an
Redaktion der "Schwäbischen Zeitung"
Sehr geehrter Herr Debionne, (Redakteur der "Schwäbischen Zeitung")
in Ihrem heutigen Artikel bei der "Schwäbischen Zeitung" mit der Überschrift: "Meine Katze jagt Vögel: Soll ich ihr die Krallen ziehen lassen?" - meiner Meinung nach einem Mix aus Satire, Sarkasmus, Fakten, Verunglimpfung und fehlendem Umweltbewusstsein - wurden Sie gewiss bereits von dem erst morgen beginnenden Hexenkessel der Fasnet gecoacht, so mein persönlicher Eindruck. Was soll dieser quatschige Artikel ihrer Meinung nach eigentlich bewirken? Und vor allem bei wem? Lachen, Feixen, heftiges Kopfnicken?
Da ich einer der Noch-Leser Ihrer Zeitung bin, will ich ihnen meine Gedanken dazu mitteilen. Sie degradieren ein wirkliches und großes Problem in unserer Gesellschaft zu einer Lachnummer (zumindest versuchen Sie es), deren Lachen aber im Hals der Realitäten schmerzlich stecken bleibt. Zwar können Vögel fliegen und werden daher zumindest von Katzen niemals ausgerottet werden, aber einer Studie zufolge, werden allein den USA jedes Jahr zwischen 1,4 und 3,7 Milliarden Vögel von Hauskatzen getötet. Für Deutschland gibt es grobe Schätzungen, die von 200 Millionen getöteten Vögeln pro Jahr ausgehen. (NABU) Wenn Katzenbesitzer und Besitzerinnen konsequent dafür sorgen würden, dass sich deren Katze von Mitte Mai bis Mitte Juli in den Morgenstunden nicht im Freien aufhält, könnten sehr viele Vögel gerettet werden.
Und das in einer Zeit, wo die Vogelwelt durch menschengemachte negative Umwelteinflüsse eh stark gefährdet ist, schreiben Sie eine solchen Artikel. Sie verharmlosen das Problem nicht nur, sondern insistieren sinngemäß auf den Lauf der Dinge in der Natur, der nun eben so sei und gegen den man bitte nichts tun sollte. Wir leben aber nicht im Urwald, sondern in der Zivilisation, wo der Mensch Verantwortung zu übernehmen und das Gebot der ersten Stunde (Genesis 1,28) in guter Weise einzuhalten hat. Soll ich Ihre Einstellung auch übertragen auf die Kultur - und alles ohne Eingreifen zulassen, den Dingen den Lauf lassen? weil halt Oben unten schlägt, die Starken die schwachen ausgrenzen, die Reichen die armen ausbeuten? Das ist eine Frage, die sich bei mir gerade heute stellt!
Denn gerade heute!! steht dieses Thema im Focus der Gesellschaft und Kultur. In einer Zeit, wo man/frau sich ernstlich Gedanken darüber machen sollte, wie wir der AfD die Krallen ziehen, damit sie die Vögel der Demokratie nicht fressen, bringen Sie einen solchen Nonsens! Einen solchen Artikel gegen die AfD von Ihnen - auch im Regionalteil der Zeitung - wäre meines Erachtens angemessen.
Nicht nur dass Sie das Problem degradieren, sie verkennen oder ignorieren auch die Dilemmata des Themas. Es gibt einfach zu viele freilaufende Katzen und vor allem zu viele verwilderte und herrenlose Kraller. Einerseits sind sie wichtig, um Mäuse und Ratten zu dezimieren und so Krankheiten vom Menschen fernzuhalten. Es gibt auch sehr viele Menschen die sich eine Katze anschaffen, weil sie einsam sind. Aber Katzen fressen nicht nur Spatzen! Sie fressen vor allem scheinbar gerne Vogelarten, die sowieso schon auf der Roten Liste stehen. Und weder Sie noch Ihre Katzenmitliebhaber zahlen für ihr Krallentier irgendeine Steuer. Gerade in Sachen Klima- und Umweltschutz in der heutigen Zeit wäre die aber Not-wendig.
Mit umweltfreundlichen Grüßen,
Stefan Weinert, Ravensburg