Wenn Verleger die Berichterstattung im Lokaljournalismus beeinflussen ...
Blogger: Eventuell ähnliche vermutete Vorkommnisse bei der hiesigen Presse wären rein zufällig.
Quelle: correctiv (Auszüge)
Der Verleger Dirk Ippen stoppte eine Recherche über den Ex-Bild-Chef Julian Reichelt. Im Lokaljournalismus ist das offenbar kein Einzelfall. Zahlreiche Reporterinnen und Reporter aus verschiedenen Lokalzeitungen berichten gegenüber CORRECTIV.Lokal von redaktionellen Eingriffen durch ihre Geschäftsführung. Dutzende Kolleginnen und Kollegen aus dem Lokaljournalismus melden sich auf die Frage: Hat sich ein Verleger in eure redaktionelle Arbeit eingemischt?
Es melden sich Stimmen, die über vielfältige Konflikte mit ihren Verlegern und weiteren Verantwortlichen in Verlagen sprechen. Sie berichten von Verlegern, die Einfluss auf ihre Geschichten nahmen. Verleger, die nicht geplante Geschichten verlangten oder fertige Texte stoppten. Sie erzählen von Reporterinnen und Reportern, die aus vorauseilendem Gehorsam bestimmte Themen nicht mehr angingen. Aber auch von Redaktionen, die Themen selbst dann umsetzen, wenn ein unangenehmer Anruf des Verlegers von vorneherein klar ist.
Es geht auch um strukturelle Konflikte in Medienhäusern und ihre Auswirkungen auf die innere Pressefreiheit im deutschen Lokaljournalismus: In mindestens zwölf Lokalredaktionen sitzen Verleger und Verlegerinnen auch in der Chefredaktion oder sind mit der Redaktionsleitung verwandt. Mitunter ist der Verleger zugleich Präsident der regionalen Handelskammer und sein Chefredakteur Pressesprecher eines Wirtschaftsvereins.
Aussagen aus Lokalredaktionen zur inneren Pressefreiheit:2. Wenn Berichterstattung über die örtliche Bank kommt, ruft der Verleger an und fragt, wie die Schlagzeile ist und ob diese nicht so kritisch sei. Als letztens das Urteil des Bundesgerichtshofs zu Bankgebühren gefällt wurde, habe ich erst gar nicht das Thema gepitcht, weil mir klar war, dass der Verleger sich melden würde.
3. Aus meinem Volo: Ich wollte Straßennamen mit Bezug zum Kolonialismus thematisieren, stellte das Thema in der Konferenz vor, da blockten ältere RedakteurInnen ab, der Verleger sei dagegen… Die alten Kriegsoffiziere seien honorige Männer gewesen.
4. Wir haben kritisch über argentinisches Rindfleisch und deren Folgen für die heimischen Bauern berichtet. Als eine Supermarkt-Kette als neuer Werbekunde gewonnen wurde und diese in der anstehenden Ausgabe argentinisches Rindfleisch für Weihnachten bewarben, wurde der Artikel kurzerhand abgesetzt, um dem Anzeigenkunden nicht zu schaden.
5. Es war die Zeit der Fußball-WM. Während meines Praktikums sollte ich über Public Viewing in meiner Stadt schreiben. Am nächsten Tag habe ich bemerkt, dass mein Artikel komplett umgeschrieben wurde. Ich habe dann erfahren, dass der Verlag einen Exklusivvertrag mit einem der Public Viewing Anbieter hatte. Es gab keinen Transparenz-Hinweis. Als ich einen weiteren Artikel zum Thema verweigerte, bekam ich keine Aufträge mehr vom Ressortleiter. Damals war mir es nicht klar, aber heute schon: Das war medienethisch falsch.