"SOZIALE GERECHTIGKEIT" --- Der Republik unbekanntes Wesen ...
Spendet von dem Guten, das ihr erworben habt, und von dem, was für euch aus der Erde hervorkommt, und sucht darunter zum Spenden nicht das Schlechte aus, um es als Almosen zu geben, das ihr selber nicht nehmen würdet, ohne dabei die Augen zuzudrücken.-----------------------------------------------------------
Von Stefan Weinert
Liebe Leser/innen,
was glauben Sie, woher das oben aufgeführte Zitat stammt?
- Aus der Bibel?
- Aus dem Koran?
- Aus den Überlieferungen der Indigenen (Indianer) Nordamerikas?
- Stammt der Satz vielleicht aus dem "Kapital" von Karl Marx?
- Oder ist es einer der Glaubenssätze der Mormonen?
- Handelt es sich womöglich um einen Auszug des Manifestes der Lebensmittelretter, welche noch genießbare Esswaren aus den Containern retten?
- Oder aber ist dieser Satz ein Kommentar zu den Texten der allgemeinen Menschrechte?
Die Antwort finden Sie ganz unten - auf dem Kopf geschrieben - damit Sie nicht gleich die Antwort vorgefertigt finden.
Wie auch immer - es ist ein ganz wichtiger Satz, der sehr viel mit dem leider schon wertlos gewordenen Syntagma "soziale Gerechtigkeit" zu tun hat. Wertlos deshalb, weil dieser Begriff durch ständige, aber inhaltslose Wiederholungen die Inflation der Weimarer Republik fast in den Schatten stellt.
Denn "sozial-gerechtes" Verhalten hat absolut nichts mit dem Geben von "Almosen" - wie im obigen Zitat erwähnt - zu tun. Vielmehr ist es genau das "Antonym" davon und bedeutet wörtlich: Mitleid, Mildtätigkeit, Erbarmen, milde Gabe, die dem Geber/Geberin nicht weh tut und dem Empfänger nicht wirklich weiterhilft.
Ob es nun die SPD ist, oder die Linken es waren, die CDU/CSU meint, es zu erfüllen, oder das BSW Sahra Wagenknecht dieses rein verbale Element in der zukünftigen Zeit gebrauchen wird, sie alle haben das "Soziale" verraten. Ganz schlimm tat dieses die S(oziale)PD im Jahr 2005 mit der Hartz-IV-Gesetzgebung. DENN --->
"Sozial" bedeutet von seinem Wortursprung her, ---> hälftig teilen, teilhaben lassen von und an dem, was man/frau selbst hat. Adressat dieses "Sozialen" ist der/die, die nichts, oder nicht so viel haben, wie der/die, die aufgefordert werden, zu teilen. Wer dazu nicht bereit ist, sollte dazu stehen und zugeben, dass es ihm schwerfällt (und wer von uns will sich davon freisprechen?), das hart erarbeitete wirklich so zu teilen, wie man/frau ein Laib Brot hälftig teilt, damit der Nachbar nicht verhungert. Aber dann sollte nicht von "sozial" gesprochen werden. Das wäre dann ehrlicher.
Was gemeint ist, "feiern" wir eigentlich jedes Jahr vor allem im süddeutschen Raum am 11. November - und seit über 1.500 Jahren haben wir Menschen es doch nicht begriffen. Der römische Offizier Martinus von Tours (316/317 bis 397), ritt im Winter 334 n. Chr. durch das Stadttor von Amiens (heute in Frankreich) und sah dort einen unbekleideten Mann um Almosen bittend. Der Römer hatte außer seinen Waffen und seinem Militärmantel nichts bei sich. Statt aber dem Bettler eine (1) Messing-Sesterze hinzuwerfen und weiter zu reiten, hielt er an, teilte seinen Mantel mit dem Schwert in zwei gleichgroße Hälften und gab diese dem Nackten. Der Mythe nach soll dem Soldaten in der folgenden Nacht im Traum der Zimmermann von Nazareth (Jesus) erschienen sein, und bekleidet mit dem halben Mantel, den Martinus am Stadttor zurückgelassen hatte sagte dieser: „Ich bin nackt gewesen und du hast mich gekleidet … Was du diesem Geringsten getan hast, das hast du mir getan."
Nicht einmal die Kirche, welche diese Geschichte bis heute tradiert hat, hält sich daran, obwohl sie "Mäntel", Brot und "Dächer über dem Kopf" genug hat. Wie soll es da - bei diesem schlechten Vorbild - der Staat tun.
Wenn du auf den Mount Everest willst, dann peile den Mond an (Exupéry)
Und "Gerechtigkeit" ist ein Zustand, den es in dieser Welt eigentlich nicht gibt und auch nie gegeben hat. Schon gar nicht, wenn dieser Begriff in der Denk-Weise der "Aufklärung" ausgelegt wird. Denn dort - abgeleitet von den alten griechischen Philosophen - bedeutet "Gerechtigkeit" (dikaiosyne): jeder erhält ein gleich großes Stück vom Kuchen. Nimmt man/frau die biblische und/oder philosophische Anschauung von "Gerechtigkeit", dann klingt das schon ganz anders, aber dennoch scheinbar auch unerreichbar: Gerecht ist, wenn jeder Mensch das erhält, was er benötigt, um ein Leben führen zu können, in dem seine Grundbedürfnisse (Mantel, Brot, Dach über dem Kopf) vorhanden sind.
Auch da gibt es eine alte Geschichte, die - selbst, wenn es sich hier um eine Mythe handeln sollte - zeigt, was gemeint ist. Am Tor der wohl ältesten Stadt der Welt - Jericho - saß vor rund 2.000 Jahren ein blinder Mann und bettelte, bat also um diese bekannten Almosen. Er hörte, wie eine große Menschenmenge vorbeizog. Und als er mitbekam, dass dieser Prophet Jesus der Grund dafür war, schrie er: "Jesus, Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir!" Und tatsächlich blieb der Nazarener stehen. Doch statt ihm zehn Denare hinzuwerfen fragte der den Blinden, wissend, dass diesem die Denare für ein paar Tage - aber nicht mehr - helfen würden, was er denn wirklich bräuchte. "Mach mich sehend," war die mutige, verblüffende Antwort. Und genauso geschah es. Damit war dieser Mann gesellschaftlich integriert. Denn sehend konnte er nun einer Arbeit nachgehen, und in der Folge sich Brot und Mantel und ein Dach über dem Kopf durch Arbeit leisten. Das ist Gerechtigkeit.
Deshalb sollten wir auch den heute schon inflationären Begriff "Gerechtigkeit" mit großer Vorsicht behandeln und wieder ins angemessene Licht rücken. Und wer es sich ins Parteiprogramm schreibt, sollte es vorher praktiziert haben.
Wirklich "sozial-gerechte" Menschen sehen wir in unserer Gesellschaft so gut wie keine. Nicht, weil es sie nicht gibt, sondern weil sie still und im Verborgenen und unerkannt am Nächsten agieren - ohne ein Aufheben darüber zu machen. Ich gehöre jedenfalls leider nicht zu ihnen.
Tja lieber Blogger, wenn das so ist, dann können wir ja gleich alle einpacken, oder? Nein, natürlich nicht. "Soziale Gerechtigkeit", so wie oben ausgeführt, ist zwar ein schier unerreichbares Ideal unter Milliarden von Egoisten. Aber es sollte als Ziel nicht aus dem Auge verloren gehen - ist doch der Weg das Ziel. Und selbst wenn wir das Ideal (im Bild = der Mond) nicht erreichen, der Gipfel des "Mount Everest" ist nachweislich durch Menschen erreichbar.