Die Blut- und Bodenideologie der "Alternative", Version 2025 - Mene, mene, tekel upharsin - AfD: Wer "deutsch" ist, wollen WIR bestimmen ...
Blogger Stefan Weinert
Am 2. Mai 2025 führte Jessy Wellmer (ARD) ein Interview mit der AfDlerin Beatrice von Storch, in welchem Sie zum Thema der Erteilung der deutschen Staatsbürgerschaft respektive der deutschen Staatsbürgerschaft generell sinngemäß Folgendes meinte:
Mit diesen sicher ganz bewusst so gewählten Worten, wollte von Storch wohl uns allen klarmachen, dass aus Sicht der AfD die rein formale Erteilung der Staatsbürgerschaft (das Erhalten des Passes) nicht auch automatisch bedeute, dass man/frau nun auch Teil des „wahren“ deutschen Kollektivs sei. Vielmehr müsse man/frau – so die Argumentation – auch die entsprechende innere Haltung und Zugehörigkeit im kulturellen und historischen Sinne mitbringen. Und --> Diese AfD-Perspektive betont, dass nationale Identität auch immer ein inneres Bekenntnis zur gemeinsamen kulturellen Prägung bedeutet, was aber nur möglich ist, wenn "du" in Deutschland geboren wurdest und "deine" Eltern auch echte Deutsche waren.
Unausgesprochen, aber von einem solch unüberhörbaren Implikat gefüllt, richtet sich dieses "Manifest des deutschen Neo-Nationalismus" nicht nur pauschal gegen den Fremden (Xenophobie) und den muslimischen Migranten, sondern auch gegen jene, die sich mit ihrer sexuellen Orientierung und Identität weder als Mann noch als Frau sehen. Und dadurch, dass in der Zeit des wahren "Sozialisten Adolf Hitler" (so die These der AfD) Homosexuelle und Lesben in die KZs kamen, steht auch ihre "deutsche Existenz" jetzt auf dem Spiel. Außer natürlich bei Alice Weidel.
Dazu passt - und darauf wies Frau Wellmer im Interview auch hin - die Äußerung eines AfDlers von dem "Naturgesetz", das die wahren Deutschen verbindet. Die AfD wird im Jahre 2025 unserer Zeitrechnung den komplexen Herausforderungen (8 Milliarden Erdbewohner, Klimakrise, aufstrebende Diktaturen, religiöser Fundamentalismus ...) und der damit im Zusammenhang stehenden modernen Migration und kultureller Vermischung absolut nicht gerecht - im Gegenteil! Das ist das neue Rassegesetz, das wir aufgeklärte Bürger nicht wollen.




Wenn das nicht nach Blut und nach Boden klingt, in der Version 2024/25! Und was denn noch ist für ein AfD-Verbot nötig?! Dieses Menetekel hat uns das Interview, aus dem diese Auszüge stammen, auf den Bildschirm geschrieben - und wir wollen es dennoch nicht sehen?! Stattdessen wird in den Talkshows zur besten Sendezeit am Sonntag "high noon" einstimmig "beschlossen", einen AfD-Verbotsantrag nicht zu stellen ...
- Die Blut- und Boden-Ideologie behauptete die Einheit von Rasse und Raum und eine von der "Natur" vorgegebene körperliche, geistige, seelische und mentale Prägung der Rasseindividuen und -kollektive. Die Germanenideologie, die auf überkommene nationale Denkfiguren des 19. Jahrhunderts zurückgriff und eine vorgeblich historisch belegbare wie vor allem biologische Abstammungsgemeinschaft zwischen angeblichen "Indo-)Germanen" und Deutschen postulierte, begründete das völkische Superioritäts- und Prädestinationsparadigma. So wurden imperiale Herrschaftsansprüche und die Eroberung neuen Lebensraums legitimiert. Ob das heute 2025 auch noch das Anliegen der AfD ist, wäre nicht sehr verwunderlich, ist aber nicht bewiesen.
- Rasse, Raum, Abstammung, flankiert von rassenhygienischen und sozialdarwinistischen Theoremen, waren die Richtschnur und gaben die Strukturen, Normen und Werte für Staat, Gesellschaft, Geschlechterordnung, Wirtschaft, Recht, Erziehung, Kultur etc. bis hin zum Körper und zur Religion vor – einer sogenannten arteigenen, in der Rasse angelegten Religion. Die Spannbreite reichte von einem 'arisierten', von seinen jüdischen Grundlagen gelösten und entchristlichten Deutschchristentum bis zur Erneuerung vorchristlichen, 'germanischen' Glaubens in Gestalt verschiedener neuheidnischer Religionskonzepte. Auf diesen Grundlagen imaginierten die "Bauleute germanischer Neuordnung" ein berufsständisch verfasstes Gemeinwesen und (Groß-)Reich mit einem Führer an der Spitze, der unterstützt bzw. kontrolliert wird von einem neuen (Rasse-)Adel.
- In der dualistischen völkischen Weltanschauung, die scharf "das Eigene und das Fremde" schied. wimmelte es von Bedrohungen und Feinbildern. Diese kommen zum Ausdruck in für die Völkischen charakteristischen apokalyptischen Sprachbildern sowie in einer denunziatorischen und aggressiven Hasssprache. In Industrialisierung, Urbanismus, Massengesellschaft, Demokratie, Parlamentarismus, Liberalismus, Individualismus, Kapitalismus, Sozialismus, Kommunismus, Pazifismus, Kosmopolitismus etc. (heute "rot-grün-versifft"; Halbaffen vom Maghreb, Affghanen, Sozialschmarotzer, ...) und in allem Internationalen (von der Frauenbewegung bis zum Völkerbund) sahen sie Völkischen Zeichen für gefährliche Fehlentwicklungen der Gegenwart, die sie in bizarren Untergangsszenarien grell ausmalten.
Immerhin gibt es jetzt schon die Ankündigung, dass das vernünftige und noch bei Verstand gebliebene Deutschland gemeinsam für ein AfD-Verbot auf die Straßen geht. Der SPIEGEL berichtet wie folgt:
- Nach der Einstufung der AfD als gesichert rechtsextrem durch den Verfassungsschutz planen mehrere Bündnisse bundesweite Demonstrationen für ein Verbot der Partei. Die Kundgebungen sollen am 11. Mai 2025 stattfinden, wie das Bündnis »Zusammen gegen rechts« und die Kampagne »Menschenwürde verteidigen – AfD-Verbot jetzt!« mitteilten. Sie fordern Bundestag, Bundesrat und die kommende Bundesregierung auf, sofort ein Verbotsverfahren gegen die AfD einzuleiten.
- »Spätestens das Gutachten des Bundesverfassungsschutzes stellt unmissverständlich klar: Die AfD ist keine normale Partei und darf auch nicht als solche behandelt werden«, erklärte Jon Klockow von »Zusammen gegen rechts«. »Jetzt ist es an der Zeit, das Parteiverbot zu beantragen.«
Weiterlesen beim SPIEGEL und hier unterschreiben !!!
Aufgrund des oben erwähnten You-Tube Videos (Tribunal) der AfD, wird die Journalistin Jessy Wellmer in der Kommentarleiste zerrissen und beschimpft, dass einem klar wird, wie nahe wir der Unkultur von damals sind (Auszüge): (screenshot vom 4.5.2025, 9:33 Uhr)
Immerhin gibt es auch einen (1) vernünftigen Kommentar.
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Für die AfD ist also klar, dass Migranten und Migrantinnen und deren Kinder in den Kindertagesstätten und in der Schule sich noch so bemühen und engagieren können, um die deutsche Sprache zu erlernen, sich positiv mit unserer Geschichte und Kultur und Demokratie zu befassen und sie zu verinnerlichen - es nützt nichts: das Kulturgesetz (Rassengesetz) spricht dagegen.
Die Vorstellung von nationaler Identität hat sich übrigens über die Jahrhunderte grundlegend gewandelt. In den mittelalterlichen Gesellschaften war die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft in erster Linie an lokale, städtische oder feudale Gemeinschaften gebunden, welche durch regionale Traditionen, Religion und direkte Herrschaftsstrukturen geprägt waren. Die Menschen jener Zeiten identifizierten sich eher mit ihrem Fürstentum, ihrer Stadt oder ihrem Dorf, als mit einer abstrakten „Nation“ im modernen Sinne.
Mit dem Aufkommen der Aufklärung und insbesondere der Französischen Revolution im späten 18. Jahrhundert, begann sich ein neues Verständnis herauszubilden. Nationen wurden als politische Gemeinschaften konstruiert, in denen gemeinsame Sprache, Geschichte und Kultur zur Grundlage der Identifikation wurden. Dies war weniger ein natürlicher, vorgegebener Zustand als vielmehr das Ergebnis eines gezielten ideengeschichtlichen und politischen Prozesses, an dem kulturelle Intellektuelle und politische Akteure beteiligt waren – ein Prozess, der nationale Mythen, Symbole und Narrative gezielt aufzubauen wusste.
Im 19. und 20. Jahrhundert intensivierte sich dieser Konstruktionsprozess noch einmal deutlich. Nationale Identität wurde zunehmend nicht nur als formale Staatszugehörigkeit verstanden, sondern als emotionale und kulturelle Bindung, die häufig auch selektive, ausschließende Elemente beinhaltete. Hierbei wurde oft betont, dass das „wahre nationale Selbstgefühl" an bestimmten historischen und kulturellen Erzählungen (Nibelungenlied) festgemacht wird – ein Ansatz, der zugleich integrativ, aber auch exkludierend wirken konnte und so immer wieder zu gesellschaftlichen und politischen Spannungen führte.
Heute, in der angeblichen Moderne, wird nationale Identität in einem dynamischen und vielfältigen Kontext betrachtet. Während traditionelle Konzepte (Heimatfeste, Ravensburger Rutenfest mit ihren "Landsknechten") noch immer von kulturellen und historischen Elementen geprägt sind, spielt in globalisierten Gesellschaften auch der Prozess der Inklusion eine zentrale Rolle. Migration, multikulturelle Entwicklungen und übernationale Bündnisse (Europäische Union), haben das Verständnis von nationaler Zugehörigkeit erweitert und verändert. Nationale Identität ist heute verhandelbar, wandelbar und oft Gegenstand intensiver politischer Debatten, in denen es darum geht, inklusive Zugehörigkeitsmodelle zu entwickeln, die den Herausforderungen einer globalisierten Welt gerecht werden.
Die Vorstellung von nationaler Identität hat sich - wie schon erwähnt und wie man/frau/di sich sicher denken kann - nicht über Nacht entwickelt. Sie ist das Resultat von langwierigen, oft umstrittenen historischen Prozessen, die immer wieder neue Fragen zur Gemeinschaft, Zugehörigkeit und Selbstdefinition aufwarfen. Gemeinsame Prinzipien wie Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit sowie der Glaube an die Selbstbestimmung des Volkes führten zu einem veränderten Identitätsgefühl, das sich zunehmend von rein lokalen, geburtlichen Bindungen und gemeinsamen Aufwachsen absetzte.
Im 19. Jahrhundert (siehe oben) entwickelte sich zudem auch der Nationalismus und der Antisemitismus des Mittelalters (Luther) wurde verstärkt aufgegriffen, und beides wurde zu einer starken politischen und emotionalen und leider unheilvollen Kraft. Literarische, künstlerische und philosophische Strömungen idealisierten das „wahre“ Volk und schufen Mythen, die als Fundament einer gemeinsamen Identität dienten. Dieses Zeitalter bis weit hinein in das 20. Jahrhundert (Weimarer Republik Nazidiktatur) war geprägt von der Betonung historischer Kontinuität und kultureller Einzigartigkeit. Oft ging dies einher mit dem Ausschluss von Gruppen, die nicht in dieses selbstgewählte Selbstverständnis passten. In vielen Fällen wurde Nationalidentität auch als Abgrenzungsmerkmal gegenüber fremden oder kolonialen Einflüssen definiert.
Aber die beiden Weltkriege. welche in diese Zeit gehören, und die politischen Umwälzungen des 20. Jahrhunderts (dito), stellten die traditionellen Identitätsmodelle vor neue Herausforderungen. Der Versuch, Diktaturen und totalitäre Instrumentalisierungen nationaler Erzählungen zu überwinden, führte zu einem reflektierenden Umgang mit dem Begriff der Nation. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts – nicht zuletzt mit der europäischen Einigung und der Globalisierung – wurde deutlich, dass nationale Identität immer auch verhandelbar ist. Viele Gesellschaften haben begonnen, integrative Modelle zu entwickeln, die den komplexen Herausforderungen moderner Migration und kultureller Vermischung Rechnung tragen.
Heute (2025) steht die nationale Identität im Spannungsfeld zwischen Tradition und Moderne. Auf der einen Seite bestehen weiterhin starke narrativer und emotionaler Bindungen zu historischen und kulturellen Wurzeln. Auf der anderen Seite fordern die Globalisierung, technologische Entwicklungen und veränderte Migrationsmuster neue, oft inklusivere Modelle der Gemeinschaft. Viele Menschen sehen in der traditionellen Vorstellung von einer homogenen Nation einen Ansatz, der der heutigen multikulturellen Realität kaum gerecht wird – während andere in der Bewahrung einer gemeinsamen kulturellen Basis ein Fundament sehen, das gesellschaftlichen Zusammenhalt fördert.
In Summa: Das Konzept der nationalen Identität ist wandelbar und immer auch ein Spiegelbild der gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Veränderungen. Es bleibt spannend zu beobachten, wie sich diese Vorstellungen in Zukunft weiterentwickeln – sei es im Diskurs um Integration oder im Ringen um ein Gefühl von Zugehörigkeit in einer immer komplexeren Welt.