Es reicht nicht, dass Wohnraum bezahlbar ist - er muss auch "LEISTBAR" sein --- Eine "Verbalwohnung" hilft niemandem ...
Es ist kaum zu glauben - und doch fast genau acht (8) Jahre her: Am 14. Dezember des Jahres 2016 hatte ich eine Petition ins Netz gestellt, die wie folgt getitelt und aufgemacht war:
https://www.change.org/p/wohnraum-muss-f%C3%BCr-alle-leistbar-sein-tacheles-statt-feigenblatt
Unter diesem 🔼🔼🔼 Link ist sie immer noch aufrufbar und kann auch noch unterschrieben werden. Denn sie ist aktueller denn je. Obwohl die Petition den Medien und der Ravensburger Stadtverwaltung bekannt war, wurde nie darüber berichtet, respektive darauf reagiert. Im Folgenden ein Textauszug:
Warum ist diese Petition wichtig?
Eine Menge Text - aber wichtig bis zum letzten Wort.
PROLOG -- DAS GEHT UNS ALLE AN!
Diese Petition wurde in ihren Anfängen bereits im Herbst 2016 erstellt. Das Problem aber, oder besser gesagt "die Probleme", sind wesentlich älter. Die Aussage "Es fehlt an Wohnraum" stimmt so nicht *). Natürlich ist der Bedarf von Neubauten, die auch für den "gemeinen Mann" erschwinglich sind, sehr groß. Allerdings bleibt es oft beim "verbalen Wohnungsbau" und am Ende erhält der den Vorzug, der "barrierefreien" Zugang zum Wohnungsmarkt hat. Abgesehen davon, dass ein Angestellter im öffentlichen Dienst mit seinem monetären Polster für einen Vermieter lukrativer ist, als ein arbeitsloser Familienvater, der Kunde beim Job-Center ist. Denn Ersterer kann seine notwendigen Unterlagen innerhalb weniger Tage oder gar Stunden präsentieren, während Letzterer sich erst einmal mit behördlichen Vorgaben und Einschränkungen herumschlagen muss. Bis dahin ist die Wohnung aber vergeben. Das ist nur ein Beispiel von vielen anderen und das ist die Praxis.
*) In allen Städten Deutschlands gibt es neben fehlenden Neubauten auch erhebliche Leerstände von Wohnungen und Häusern, die zwar für den Wohnungsmarkt grundsätzlich geeignet sind, aber vom Eigentümer diesem nicht zur Verfügung gestellt werden. Lieber werden Ausgleichszahlungen an die jeweilige Kommune (die aber teilweise sukzessive abgesenkt werden) gezahlt, bevor man sich "den Ärger ins Haus holt," und/oder Geld in die Hand nimmt, um die Wohnung zu sanieren. Auch in "meiner" Stadt Ravensburg und in meiner Geburtsstadt Schleswig 30 Kilometer südlich von Flensburg ist das so. Zwischen diesen beiden Städten liegen Stuttgart, Mannheim, Frankfürt, Göttingen, Berlin, Köln, Bremen, Hannover, Hamburg usw. Überall die gleiche Situtation. "Eigentum verpflichtet," heißt es im Grundgesetz (Art. 14,2) und diese Aussage wird nicht durch den Absatz 1 selbigen Artikels aufgehoben, bzw. kann man beide nicht gegeneinander ausspielen, wie es vor ein paar Wochen ein Mitglied des Ravensburger Gemeinderates mir gegenüber versuchte.
Mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen, dass hört sich gut an und ist auch notwendig. Jedoch das alleine wird nicht reichen und ist auch nicht das Grundübel allein. Vielmehr muss die Kategorisierung durch die sogenannten Gatekeeper (Torwächter) endlich aufhören. "Wird jeder Wohnungssuchende tatsächlich als Wohnung suchender Mensch gesehen, oder primär als Einheimischer oder Migrant, als Mann oder Frau, als Christ oder Muslim, als Arbeiter oder Beamter, als Angestellter oder Hartz-IV-ler –-- und je nach Einordnung begünstigt oder benachteiligt"? (C. Barwik). - Gatekeeper können sein: Privatvermieter, Mitarbeiter der Wohnungsbaugesellschaften und der Stadtverwaltung oder die jeweilige Stadtverwaltung selbst mit ihrer Verwaltungsphilosophie.
Eine groß angelegte Studie mit anonymisierten Interviews von Mitarbeitern der Gesellschaften und Verwaltungen in der Stadt Berlin (Barwik, s.o.) hat belegt, dass es diese Kategorisierung und die damit verbundene Benachteiligung bestimmter Gesellschaftsgruppen tatsächlich gibt. Signifikant auffällig hoch sind vor allem die Zahlen bei den Hartz-IV-Empfängern und Migranten. Wer dann als Migrant von Hartz-IV lebt, hat so gut wie keine Chance.
Und Berlin wird ganz gewiss keine Ausnahme sein. Durch diese "Filterarbeit" der Torwächter (siehe auch die Türsteher vor gewissen Discos) werden die sozialen Unterschiede in unserer Gesellschaft noch gefördert und beschleunigt. Nach dem Motto "Draußen vor der Tür", bleibt vom Standard-Wohnungsmarkt exkludiert, wer nicht in den "ersten zwei Sätzen oder maximal zwei Minuten" einen entsprechend guten Eindruck beim Wohnungsgeber macht und /oder nachweisen kann, dass er einigermaßen gut "betucht" ist..
Eine weitere Studie der Hans-Böckler-Stiftung, die auf dem Mikrozensus 2014 basiert, hat darüber hinaus ergeben, dass ökonomisch schwach gestellte Menschen, im Schnitt fast 40 Prozent ihres Einkommens für die Miete ausgeben, während es bei Menschen mit überdurchnittlichen Einkommen lediglich 17 Prozent sind, wobei schon allein deren Miete das Gesamteinkommen einer "einfachen" Familie meist übersteigt. Und die Schere geht seit 2014 immer weiter auseinander - und da werden auch mehr Sozialwohnungen (wenn sie denn endlich einmal gebaut und bezugsfertig sein werden) allein nicht helfen. Der "Teufelskreis der Ungleichbehandlung" muss durchbrochen werden.
Bezahlbarer und dabei noch guter Wohnraum ist schon seit Jahrzenten für viele Menschen in Ravensburg, Weingarten und dem gesamten Landkreis Ravensburg ein Traum, der nicht in Erfüllung geht und auch nicht in Erfüllung gehen kann. Ständig steigen die Kaltmieten und die Nebenkosten haben sich zu einer zweiten Miete in unberechenbarer Höhe (Nachzahlungen) entwickelt. Dazu kommen noch teilweise überhöhte Kautionen, die aber bereitwillig von denen, die es sich leisten können, gezahlt werden, um eben einen Mietvertrag abschließen zu können. Schon hier wird gefiltert.
Vorschläge und Ideen, um Menschern, die auf Wohnungssuche sind zu helfen und auch eine solche zu finden, gibt es einige, aber nicht genug. Für Menschen mit einem guten oder auch mittleren Einkommen stellt sich dieses Problem eigentlich nicht. Vielmehr sind es diejenigen unter uns, denen es aufgrund ihres sozialen Standes in unserer reichen Gesellschaft nicht reicht, Wohnraum auch aus eigenen Mitteln bezahlen zu können. Sie können sich die angebotenen Wohnungen schlichtweg nicht leisten. Es gibt aber auch noch andere Gründe, warum Mitbürgerinnen und Mitbürgern nicht an eine adäquate Wohnung kommen: Es sind ihre Herkunft, ihr Aussehen und ihre Einschränkungen, die sie mitbringen.
Eigentlich ist das Wort "bezahlbar" bei der Diskussion um den Wohnraum nicht ganz passend. Es müsste heißen: "leistbarer" Wohnraum. Denn oft können die von den Vermietern geforderten Kosten für eine Wohnung nur durch "Aufstockung durch den Staat" vom Mieter - aufgrund seines niedrigen Gehaltes oder seiner kleinen Rente - beglichen werden. Das geschieht einmal durch die Gewährung von "Wohngeld" und Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) XII (Rentner und arbeitsunfähige Menschen) durch das Sozialamt, oder SGB II (Hartz-IV Leistungen) durch das Job-Center. Wenn es sich z.B. um unangebracht hohe Mieten bei maroden Wohnungen handelt, unterstützt der Staat im Grunde genommen hier den Mietwucher, statt ihn auszubremsen! Denn eine Kontrolle vor Ort durch den Gesetzgeber ist nicht vorgesehen.
Im Bundesdurchschnitt zahlen Mieter für ihre Wohnung (Warmmiete) 35 Prozent ihres Nettogehaltes. In Freiburg sind es 45 Prozent, Stuttgart 44 Prozent, Frankfurt a.M. 40 Prozent. Unter 30 Prozent sind es in Flensburg, Leverkusen und Paderborn. Den Niedrigrekord hält Gütersloh mit 25 Prozent. Es geht also! - Deutliche Ausnahmen nach oben bilden Berlin und Hamburg: Hier müssen Mieter 50 Prozent ihres Nettoverdienstes für die Wohnung aufbringen – Nebenkosten exklusive. Auch in und um Ravensburg liegen die Warmmieten meist (nicht immer) weit über der roten Linie von 1/3 des Nettoeinkommens.
Eine Mietsenkung von 14 Prozent - wie in dem "Bündnis für bezahlbaren Wohnraum" in Ravensburg vorgeschlagen und das nur für ~ jede fünfte Wohneinheit (20 Prozent der Wohnflächen), erscheint wie ein doppeltes Feigenblatt. Es sollten mindestens 25 Prozent Mietsenkung für 1/2 der Wohneinheiten/Wohnfläche sein. Zudem darf der Zeitraum der Mietsenkung nicht begrenzt werden, denn die Schere zwischen "arm und reich", zwischen "Roller und SUV" wird in 15 Jahren nicht geschlossen sein, sondern noch mehr auseinander klaffen. Das (siehe oben) wäre die Möglichkeit zur echten Teilhabe am Wohnungsmarkt. .Denn ein Quadratmeterpreis von 7 bis 7,50 Euro netto = 10 + X Euro (Ravensburger Weststadt) ist auch für den kleinen Geldbeutel immer noch zu viel.