RAVENSBURG: >Vorweimarer< Erwählung eines "Ersten Bürgermeisters" hat nicht mit einer demokratischen Wahl zu tun ... In der Türmestadt entscheidet das "Prädikat Blutwurscht" ...
Heute, am Montag nach dem 3. Advent 2024 (16.12.) soll der Ravensburger Gemeinderat (40 Sitze) einen neuen Ersten Bürgermeister wählen, der in der Türmestadt dann für Schulen, Sport, Soziales, Migrant/innen, Ortspolizeibehörde und Recht und Ordnung zuständig ist. So jedenfalls ist es geplant und auch angekündigt.
Doch von einer WAHL mag ich nicht reden. Etymologisch ist unter einer Wahl eine Entscheidung zwischen zwei oder mehr Möglichkeiten, Dingen, Personen, Auswahl zu verstehen. Oder anders formuliert: unter mehreren Möglichkeiten eine (1) aussuchen, oder nach eigenem Ermessen eine (1) bestimmen.
Bisher gab es zwei - von vielen zuvor vom Gemeinderat ausgesiebte - Kandidaten: eine Dame und ein Herr. Der amtierende Oberbürgermeister (seit 2010) Dr. Daniel Rapp hatte bereits Wochen vor der Wahl, den Herrn als zukünftigen "Ersten" auserkoren und öffentlich und bei seinen Gemeinderät/innen Werbung für ihn gemacht. Bei dem favorisierten Kandidaten handelt es sich um Herrn Andreas Honikel-Günther, welcher seit vier Jahren beim Landratsamt Ravensburg als Erster Landesbeamter und Stellvertreter fungiert.
Dabei verschlechtert er sich als zukünftiger Erster Bürgermeister womöglich in der politischen und administrativen Hierarchie; zumindest dürfte es keine Verbesserung sein, trotz eventueller Besitzstandswahrung in materieller Hinsicht. Vieleicht aber ist es im Roten Rathaus angenehmer zu arbeiten, als in der Friedenstrasse und das Ganze ist eine Flucht Richtung Seestrasse? Fragen, die bei einem solchen Positionswechsel durchaus berechtigt sind, oder?
Und nun, ganz aktuell, wird bekannt, dass die zweite Kandidatin, Katja Anton-Kalbfell, ihre Kandidatur zurückgezogen hat. Offiziell heißt es sinngemäß, > nachdem sie eruierende Gespräche
a) mit jenem OB geführt habe, der ihren Gegenkandidaten im Vorfeld mit dem Prädikat "Blutwurscht" versehen hatte, und
b) einigen Gemeinderäten, die ihr ganz bestimmt nicht rieten, dennoch anzutreten, was aber ein demokratisch intendierter Rat des Gemeinderats gewesen wäre.
In Summa: Das Vorspiel des Oberbürgermeisters hatte Erfolg. <
Es wiederholt sich, was Ravensburg vor neun Jahren ähnlich erleben musste. Damals gab es auf diesen Posten - nach Aussiebung - auch nur zwei Kandidaten: einen Herrn und eine Dame. Die allerdings hatte durch Bekanntgabe in der Presse, sie kandidiere in der Türmestadt unter anderem auch, um vor ihrem Ex in einem anderen Bundesland zu fliehen, mehr als schlechte Karten - nämlich keine Chance. Im Gegensatz zu heute, ist diese Kandidatin demokratisch selbstbewusst aber dennoch angetreten. Es war per Definition also dann doch noch eine echte Wahl
Inzwischen aber sind neun Jahre vergangen und das baden-württembergische Wahlrecht wurde im Jahr 2023 reformiert. so heißt es dort unter anderem,
- Beim zweiten Wahlgang von Bürgermeisterwahlen bei allgemeinen Wahlen wird die Neuwahl durch eine Stichwahl zwischen den beiden Bewerbern mit den höchsten Stimmenzahlen ersetzt. Eine Rücknahme der Bewerbung nach dem ersten Wahlgang ist nicht mehr möglich. Das impliziert für mich persönlich durchaus: Bei einer allgemeinen Wahl durch die Bürger/innen, durch das Volk (demos) sollte es auch eine Wahlmöglichkeit (kratos), sollte es zumindest eine Alternative geben.
Ob das gerade Erwähnte auch für die Wahl von "Beigeordneten", die sich unter bestimmten Umständen nicht als Dezernenten, sondern "Bürgermeister" fungieren, durch den Gemeinderat gilt (demokratisches Verständnis), wird hier nicht ganz klar. Was aber klar ist und oben dezidiert dargestellt wurde: Bei einer endgültigen Wahlentscheidung sollten eigentlich immer mindestens zwei Personen zur Wahl stehen.
Wer es wichtig findet, dass in einem demokratischen System die politischen Spitzenpositionen durch Wahlen besetzt werden, der kann aber nicht zufrieden sein, wenn es nur einen Kandidaten gibt. Aber die 40 Getreuen im Ravensburger "Königssaal" scheint das nicht zu kümmern. Dort sind fünf Fraktionen versammelt, um die Ravensburger Politik zu bestimmen. Aus den eigenen Reihen meldete sich kein/ Kandidat/in, um die Nachfolge von Simon Blümcke anzutreten. Auch gibt es keinerlei Gegenwehr gegen die Wahlempfehlung des OB, kein Aufschrei, dass es wieder einmal verhindert wurde, dass eventuell eine Frau "Erste Bürgermeisterin" in Ravensburg wir. Ich halte diese "Blutwurscht-Causa" für wirklich für fragwürdig und einspruchsreif.
Nicht, weil die einzige Gegenkandidatin vorher abgesprungen ist, sondern warum sie es tat und unter dem Aspekt eben der Parteinahme des Oberbürgermeisters. Es ist - Tacheles gesprochen - eine ERWÄHLUNG, keine Wahl. Mag ja sein, dass der bisherige Stellvertreter des Landrats auch bei der antretenden Gegenkandidatin und ohne Parteinahme des OB gegen sie (!) gewonnen hätte (Konjunktiv) - das aber lässt sich nicht mehr nachprüfen - der LEX RAVENBURGIS sei es gedankt.
Ich protestiere! Bin ich der Einzige?