Silvester: Auch "Bürgergeld" und Tariferhöhungen werden "in den Wind geschossen" und "verpulvert" - Wer ein "Feuerwerk" zündet, weiß nicht, was er da wirklich tut ...
https://www.change.org/p/bundesregierung-deutschland-weites-verbot-der-silvesterfeuerwerke-ab-2023
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Stefan Weinert
Die ersten Feuerwerke gab es im alten China in der Zeit von 960–1270 nach Christus. Sie zeichneten sich nicht durch Licht-, sondern allein durch Knalleffekte aus. Die chinesische Bezeichnung für Feuerwerk heißt yānhuā und bedeutet so viel wie „Rauchblume“. Zur Kunstform wurde das Feuerwerk insbesondere in Japan weiterentwickelt und heißt dort hanabi = „Blumenfeuer“.
Ursprünglich - so das tradierte Narrativ bis heute und auch durch die Medien verbreitet - gehen Feuerwerke auf die Germanen zurück, die mit Lärm und Lichter böse Geister vertreiben und das neue Jahr mit Freude begrüßen wollten. Dieser Brauch wurde von den alten Römern übernommen. Auch heute noch ist das Zünden von Böllern und Raketen für viele Menschen zum Jahreswechsel und anderen Anlässen, feste Tradition. Jedoch, das mit den "bösen Geistern vertreiben" ist seit dem späten Mittelalter nicht der wahre und tiefe und eigentliche Grund für diese Spektakel.
Denn schon bald wurde die Pyrotechnik fester Bestandteil von Festzeremonien an den Höfen Europas. 1506 zündete Kaiser Maximilian I. anlässlich des Reichstags zu Konstanz das erste Feuerwerk in Deutschland, stilecht über dem Bodensee. Als Kaiser Karl V. im Jahre 1535 Tunis eroberte, war das ebenso ein Feuerspektakel wert - wie es auch die Unterzeichnung des Westfälischen Friedens hundert Jahre später war (Ende des Dreißigjährigen Krieges).
Spätestens im Barock hatte sich die Feuerwerkskunst als wichtiges Statussymbol für Könige und Fürsten etabliert. Ob in Versailles, Wien oder in London – wer etwas auf sich hielt, inszenierte sich in Raketenbildern, zu denen der König von England 1749 auch eine „Feuerwerksmusik“ von Georg Friedrich Händel bestellte.
In Europa hat das "Feuerwerk" wie wir es noch heute kennen, deshalb einen tiefen soziologischen Sinn und Zweck und hat nichts mit "Geistervertreiben" zu tun.
Im europäischen Barock (1650 bis 1760) war das Abrennen von Feuerwerken vor allem ein adliges Vergnügen. Die damalige Wirtschaftsphilosophie war darauf ausgerichtet, dem Herrscher die Mittel zu beschaffen, damit dieser sie bei seiner Prachtentfaltung verschwenden kann. Je prächtiger die höfischen Feste waren, desto mächtiger war der Souverän. Überträgt man/frau diesen Gedanken auf heute, wo das Volk der Souverän ist, feiert es sich mit einem "Feuerwerk" selbst, indem es entweder seine Ersparnisse, seinen Mehrverdienst durch Tariferhöhungen, oder auch sein Arbeitslosen- oder Bürgergeld (Steuergelder) verpulvert - im wahrsten Sinne des Wortes.
Deshalb sind - psychologische gesehen - Feuerwerke immer auch eine politische Demonstration von Selbstbewusstsein. Ja, es wird noch "dreister": Ein Freund von Feuerwerken der dafür Geld ausgibt, ist ein Zeitgenosse, der nicht nutzenoptimiert handelt, sondern dieses rationale Denken überwinden kann. Es ist Zeichen seines freien Willens, das Geld, das er über das Jahr mühsam erarbeitet hat, zu verschwenden. (Szabo)
Deshalb spricht der Volksmund ja auch von dem "Geld, das manche verpulvern" - meist im übertragenen Sinne gemeint, hier aber auch wortwörtlich.
Laut einer Veröffentlichung des Umweltbundesamtes vor Corona (2018), werden in Deutschland durch Feuerwerkskörper jährlich ca. 4500 Tonnen Feinstaub freigesetzt, ein Großteil davon eben in der Silvesternacht. Dies entsprach laut Schätzungen für 2016 ca. 15,5 % der Menge, die durch den Auto- und LKW-Verkehr
Götz Mundle, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und Ärztlicher Leiter des Gesundheitszentrums für Flüchtlinge GZF in Berlin-Steglitz, arbeitet täglich mit traumatisierten Menschen aus der Ukraine. Er sagt hinsichtlich des Feuerwerks zu Silvester 2022/23:
"Es gibt drei Ebenen, die wir aus therapeutischer Sicht berücksichtigen müssen. Erstens: Ja, das Knallen von Feuerwerkskörpern kann Geflüchtete aus Kriegsgebieten an Traumata erinnern und entsprechend Ängste oder körperliche Reaktionen hervorrufen. Das sollten wir bedenken. Zweitens, was ganz wichtig ist in der Situation: zu schauen, dass die Menschen aus Kriegsgebieten in einer sicheren Umgebung sind, zum Beispiel unter Freunden und Ansprache haben, statt alleine zu sein. Das Dritte ist: Wenn wir in Kontakt mit Geflüchteten sind und eine Retraumatisierung auftritt, durch einen Knall zum Beispiel, dann ist es wichtig, sie an einen sicheren Ort und ins Hier und Jetzt zurückzubringen. Wenn es den Betroffenen dann gelingt, zu differenzieren - früher waren diese Geräusche im Krieg und bedeuteten Angst und Gefahr, heute ist das ein Signal der Freude, zur Begrüßung des neuen Jahres - dann ist das sogar eine "therapeutische Aufgabe" und ein großer Schritt nach vorne. ("Bei kriegsähnlichen Geräuschen ist eine Retraumatisierung wahrscheinlicher" | rbb24)
Doch wer traut sich aus dem einfachen Volk eine solche therapeutische Leistung zu?! Davon abgesehen, haben Feuerwerke zu Kriegszeiten absolut keinen moralischen Mehrwert. Glaubt man/frau dem Soziologen Sacha Szabo (siehe oben), dann verschwendet der Feuerwerker an Silvester zwar seine vom Staat erhaltene Energiekostenhilfe und noch darüber hinaus, aber er verschwendet keinen Gedanken an jene, für die "Knall und Licht" den Tod bedeuten. ---> Ukraine und Russland, Israel und Gaza ...
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