👉‼ Ravensburger Bettensteuer >>> Solidarität der Gäste mit der beherbergenden Stadt? - oder: reine Konsolidierungsmaßnahme fürs leere Stadtsäckel ... Eine mögliche Entscheidungshilfe ...
Die Stadt Ravensburg will eine „Bettensteuer“ (auch City-Tax, Übernachtungssteuer, Kulturförderabgabe etc. genannt) in Höhe von 2 Euro pro Tag/Nacht einführen. ("Schwäbische Zeitung) In der Gemeinderatssitzung morgen, 24. November 2025, soll darüber wohl abschließend beraten werden.
Die Ausgestaltung der "City Tax" (CT) ist bundesweit nicht einheitlich. In manchen Städten wird ein prozentualer Zuschlag auf den Netto-Übernachtungspreis verlangt (z. B. Berlin: 7,5 %), in anderen Städten gilt ein Fixbetrag pro Person pro Nacht. In Ravensburg sollen es wie gesagt 2 Euro sein.
Laut dem ADAC zahlen Übernachtungseinrichtungen (Hotels, Pensionen, etc.) in rund 50 Kommunen Deutschlands eine solche (übrigens nach höchst richterlichem Spruch mit dem GG vereinbare) Abgabe. Er weist jedoch auch auf die bürokratischen Aufwände hin. Darüber hinaus sei nicht sicher, ob das Geld auch direkt in touristische Infrastruktur fließt.
Ob bei 2 Euro pro Tag/Nacht versus Verwaltungsaufwand der Stadtverwaltung überhaupt ein "Gewinn" für letztere abfällt, ist mit Recht zu bezweifeln. Wenn, dann müsste die Zusatzsteuer rund 5 Euro betragen, um den Verwaltungsaufwand Gewinn bringend zu kompensieren. Doch 5 Euro - die sind in Ravensburg und seinem Stadtbild schwer vertretbar. Und überhaupt (siehe folgende Ausführungen).
Städte, welche die CT einführen argumentieren oft, dass Touristen einen Teil der Kosten für öffentliche Infrastruktur mittragen sollen – z. B. für Grünflächen, Verkehr und kulturelle Angebote. Touristen würden zudem überproportional städtische Angebote (öffentliche Verkehrsmittel, Sehenswürdigkeiten, Parks, Müllentsorgung etc.) nutzen. Die CT wird dann als Beitrag der Gäste zu diesen Angeboten verstanden.
Die Stadt Ravensburg argumentiert bezüglich der CT mit der Generierung zusätzlicher Einnahmen für den gebeutelten Haushalt = Konsolidierung der Stadtkasse. Dass die hohen Defizite jedoch durch teilweise sinnlose oder zumindest fragwürdige und in der Kritik stehende Projekte (Sanierung Gespinstmarkt, Schussenpark, Schwamm am Holzmarkt, Brücke Wangener Straße) verursacht wurden, verschweigt sie. Zudem sind die Übernachtungsgäste meist Geschäftsreisende, welche die verschwindende Anzahl von Parks und die vielen Sehenswürdigkeiten bei ihrer Anwesenheit in RAVE sowieso nicht auf dem Schirm haben.
Es gibt Kommunen, welche die CT dafür einsetzen müssen (!), um den Tourismus regelrecht wegen der zu hohen Besucherzahlen = "Overtourism") zu dämpfen. Dazu gehört Ravensburg jedoch nicht, im Gegenteil. Hier sollen durch Einführung der CT die Übernachtungszahlen erhöht werden. Ob das aber gelingt, ist sehr fraglich (siehe weiter unten).
Die Hotels und andere Übernachtungsbetriebe (eben auch in Ravensburg) sehen durch die zusätzliche Steuer eine hohe Belastung, vor allem bei preissensitiven Gästen. Vor allem privat Reisende würden durch die CT abgeschreckt und weichen - wenn der Endpreis zu hoch ist - in eine CT-freie Nachbargemeinde aus. Beherbungsbetriebe müssen zudem die Steuer einziehen, verwalten und an die Stadt (Ravensburg) abführen – das bedeutet auch für sie mehr Bürokratie und Zeit(=Geld)verlust.
Und nicht immer ist - aufgrund fehlender Transparenz (ein Ravensburger Dauerthema) klar - wofür die Einnahmen durch die CT tatsächlich verwendet werden. Auch der schon erwähnte ADAC kritisiert, dass der Nutzen für den Tourismus oft nicht transparent genug ist. Besonders kleinere, familiengeführte Hotels oder Unterkünfte könnten durch zusätzliche Abgabe proportional gesehen noch stärker belastet werden. Der Bund der Steuerzahler argumentiert, dass der Aufwand zur Erhebung solcher - wie er sie nennt - „Bagatellsteuern“ im Verhältnis zu den Einnahmen zu hoch ist (siehe oben).
Manche Gäste empfinden die CT als „versteckten Aufpreis“ ihres Hotels/Pension, insbesondere wenn diese erst bei der Buchung oder im Check-in-Prozess auffällt und/oder zur Sprache kommt. Und ein wichtiger psychologischer Effekt ist der, dass die Gäste (ob Touristen oder Geschäftsreisende) das Gefühl haben müssen, dass der Preis durch die CT künstlich erhöht wird. Das nämlich kann und wird wo möglich die Attraktivität einer Stadt wie Ravensburg reduzieren, zumindest im Vergleich mit Reisezielen (Destinationen) ohne solche Steuer (siehe oben = auf die sie dann ausweichen).
Auch wenn 2 Euro pro Nacht wie in Ravensburg nicht enorm viel sind, kann jede zusätzliche Gebühr - besonders bei budgetbewussten Reisenden - psychologisch weh tun ("pain of paying"). Sollte jedoch die CT transparent bereits im Buchungspreis vor Buchung inclusive Verwendungszweck integriert sein, kann der „Schmerz“ darüber geringer ausfallen. Spricht man/frau/hotel ihn gegenüber den Gästen aber erst bei Ankunft an, verstärkt dies das Gefühl einer ungewollten „Überraschungslast“.
Die Gäste könnten es dann eher als gerecht empfinden, dass sie als Besucher zur Erhaltung der Stadt beitragen, wenn klar kommuniziert wird, wofür das Geld verwendet wird. Andere hingegen sehen es als zusätzliche Belastung und könnten argumentieren: „Warum zahlen wir als Touristen extra? Wir konsumieren ja auch schon viel vor Ort.“ Genau das ist ein Argument, welches die Stadt Ravensburg scheinbar bisher vernachlässigt. Denn wer 2 Euro mehr pro Bett und Nacht zahlen muss, meidet eher das Café und den Buchladen.
Bezüglich einiger "Airbnb-Hosts" gibt es Hinweise aus der Praxis, dass diese die CT den Gästen gegenüber gar nicht ansprechen, weil sie befürchten, dass das diese abschreckt werden oder sie einen schlechte Ersteindruck hinterlässt. > "Ich persönlich frage nie nach dem zusätzlichen Geld … weil es mir wie ein garantiert schlechter erster Eindruck vorkommt", sagt einer der entsprechenden Gastgeber. Manche Beherbungsbetriebe inkludieren die CT im angezeigten Preis ohne sie als solche auszuweisen, um die Buchungschance zu erhöhen.
Und noch einmal, um das zu unterstreichen: Wenn Gäste das Gefühl haben, dass eine Stadt nur „abkassiert“, könnte das langfristig die Markenwahrnehmung der Stadt als touristische Destination beeinträchtigen. Auf der anderen Seite, wenn die Gelder klar sichtbar in Infrastruktur, Umweltschutz, Kultur fließen, kann die CT das Image einer Stadt als verantwortungsvolle, nachhaltige Destination stärken. Doch in Ravensburg ist seit Jahren nichts von einer Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur und vor allem des Umweltschutzes zu merken. Das absolute Gegenteil ist der Fall.
In summa: Es stellt sich hier die Frage, ob es bei der CT um eine Art der Solidarität der Übernachtungs-Gäste mit der jeweiligen Kommune geht, oder ob es sich nur um ein kommerzielles Mittel zu Konsolidierungsmaßnahme des Stadthaushalts handelt.
Und es gibt valide, tatsächliche wirtschaftliche und psychologische Risiken: Die CT kann Gäste abschrecken, Bürokratie erhöhen und ohne Transparenz wütende Reaktionen hervorrufen. Ihr Einfluss auf die Nachfrage scheint begrenzt, je nach Steuerhöhe, Transparenz und Art der Gäste. Ob die Hotel-Steuer gut ist, hängt stark davon ab, wie sie gestaltet und kommuniziert wird: Wenn die Einnahmen sichtbar in Nutzen für Stadt und Besucher re-investiert werden, ist die Legitimationsbasis deutlich stärker.
Es gibt sehr aktuelle und relevante Daten für Berlin die zeigen, dass die Bettensteuer steigende Einnahmen generiert und weiter ausgebaut wird. Gleichzeitig ist aber nicht klar, dass alle Städte denselben Erfolg haben werden – es hängt stark von lokalen Rahmenbedingungen ab.
Aktuelle Daten zur Bettensteuer in Berlin (2023–2025)
| Jahr | Einnahmen aus Übernachtungssteuer („City Tax“) in Berlin | |
|---|---|---|
| 2023 | 58,7 Mio € (58.715.355,79 €) | |
| 2024 | ≈ 89,6 Mio € | |
| 2025 | Projektiert: 137 Mio € |
Wichtige strukturelle Änderungen in Berlin, die diese Einnahmen beeinflussen:
Seit 1. Januar 2025 wurde der Steuersatz von 5 % auf 7,5 % des Netto-Übernachtungspreises angehoben.
Die frühere Ausnahmeregelung für sehr lange Aufenthalte (mehr als 21 Tage) wurde abgeschafft. Ab 2025 gilt die Steuer nun auch bis zu einem Aufenthalt von 6 Monaten.
Ab April 2024 sind also auch beruflich veranlasste Übernachtungen steuerpflichtig.
Diese Reformen (Steuererhöhung + ausgeweiteter Kreis der Steuerpflichtigen) erklären den starken Zuwachs der Einnahmen von 2023 zu 2025.
Trends in anderen Städten / bundesweiter Kontext
Laut der „Kommunalen Datenbank“ des Bundes der Steuerzahler (BdSt) erheben inzwischen viele Städte — 42 Städte mit über 50.000 Einwohnern — eine Bettensteuer.
Einige Städte führen neue Übernachtungssteuern oder erhöhen die bestehenden Abgaben in 2025: z. B. Essen plant eine City Tax, Karlsruhe führt eine solche Steuer ab Juli 2025 ein.
In Schwerin wurde die Übernachtungssteuer (Bettensteuer) ebenfalls erhöht: Ab Mai 2025 gilt 7 %.
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Quellen der Zahlen
Parlament Berlin+Bund der Steuerzahler e.V.
Weitere Quellen

