Silvesterfeuerwerke: Wenn Tradition, wirtschaftlicher Erfolg und Gesetze körperliche Versehrtheit und hohe Umweltschäden rechtfertigen ...
Die Innenminister-Konferenz in Bremen konnte sich nicht auf eine gemeinsame Haltung zum Böllerverbot einigen. Während Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) sich Berichten zufolge in informellen Gesprächen zumindest offen für größere Böllerverbotszonen zeigte, kündigte er keine entsprechende Änderung des Sprengstoffgesetzes an. Befürworter eines Verbots wie Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) und Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) hatten auf eine solche Gesetzesänderung gehofft, um Ländern und Kommunen mehr Handlungsspielraum zu geben. Die Gewerkschaft der Polizei überreichte während der Konferenz eine Petition mit über 2,2 Millionen Unterschriften für ein bundesweites Böllerverbot.
Für NRW bleibt die Rechtslage zunächst unverändert. Innenminister Herbert Reul macht seine Position gegenüber wa.de deutlich: „Ich bin kein Freund von allgemeinen Verboten. Knaller und Feuerwerk gehören für viele zu einer gelungenen Silvesternacht. Die meisten gehen verantwortungsvoll mit Böllern um.“
Reul gegen generelles Böllerverbot: „Kein Freund von Verboten“Gleichzeitig fordert er gezieltes Vorgehen gegen „Chaoten“, die illegale Böller nutzen und andere Menschen bewerfen. Reul plädiert dafür, dass „in dicht bebauten Innenstädten individuelles Feuerwerk in egal welcher Form verboten werden“ könne. Rechtlich können Kommunen bereits jetzt auf Basis des Sprengstoffrechts und des Ordnungsbehördengesetzes NRW örtlich begrenzte Böllerverbote verhängen, jedoch keine generellen Verbote ohne Gebietsbeschränkung. „Und wer dann gegen dieses Verbot verstößt, für den startet das Jahr schlecht. Der bekommt es mit der Polizei zu tun“, sagt Reul.
Die rechtlichen Hürden für ein flächendeckendes Böllerverbot sind außerdem recht hoch. „Vorrangig richtet sich der Umgang mit Feuerwerkskörpern nach dem Sprengstoffrecht, das in der Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes liegt – und für dessen Umsetzung hier in NRW das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales zuständig ist“, erklärt ein Sprecher des NRW-Innenministeriums auf wa.de-Nachfrage. Auf Basis des § 24 Sprengstoffverordnung könnten die Kommunen auch an Silvester unter bestimmten Voraussetzungen – beispielsweise Feuerwerke in der Nähe von Gebäuden, die besonders brandempfindlich sind – entsprechende Verbote aussprechen.
„Sofern sich aus dem Abbrennen pyrotechnischer Gegenstände wie Böller und Raketen an Silvester eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ergibt, ist § 14 Abs. 1 OBG NRW einschlägig, wonach ordnungsrechtliche Maßnahmen der Ordnungsbehörde (i.d.R. die örtliche Ordnungsbehörde, also die Kommunen) getroffen werden können“, so der Ministeriumssprecher. Böllerverbote können danach im Wege der Allgemeinverfügung lediglich für klar abgegrenzte örtliche/räumliche Bereiche und Situationen erlassen werden. „Hingegen dürften generelle Böllerverbote ohne Beschränkung auf ein bestimmtes Gebiet und ohne Bezug zu einer konkreten Gefahr gegen das (Bundes)Sprengstoffrecht verstoßen“, lautet die Einschätzung des NRW-Innenministeriums.
Feuerwerk an Silvester: Tradition oder Gefahr?Die Argumente für ein Böllerverbot sind vielfältig und werden von verschiedenen Interessensgruppen vorgebracht. Hauptargumente sind die Sicherheit von Einsatzkräften, die regelmäßig mit Pyrotechnik attackiert werden, sowie die hohe Feinstaubbelastung – laut Umweltbundesamt entstehen an Neujahr die höchsten Feinstaubkonzentrationen des Jahres mit bis zu 1.000 Mikrogramm pro Kubikmeter. Tierschützer verweisen auf den enormen Stress für Haus- und Wildtiere durch Lärm und Lichteffekte. Hinzu kommen überlastete Krankenhäuser durch Verletzungen, Sach- und Brandschäden sowie die allgemeine Lärmbelästigung für die Bevölkerung.
Gegner eines Verbots argumentieren hingegen mit Tradition und wirtschaftlichen Aspekten. Feuerwerk gehört für viele Menschen zur Silvestertradition und schafft Arbeitsplätze in Handel und Industrie – zum Jahreswechsel 2024/25 gaben Deutsche 197 Millionen Euro für Feuerwerk aus. Kritiker eines generellen Verbots wie die pyrotechnische Industrie betonen, dass die meisten Probleme durch illegale Feuerwerkskörper entstehen, nicht durch zertifizierte Produkte der Kategorie F2. Sie argumentieren, dass es falsch wäre, der verantwortungsvoll handelnden Mehrheit das Silvesterfeuerwerk wegen des Fehlverhaltens Einzelner zu verbieten.