Am Bodensee sind tausende von Schwalben gestrandet --- und drohen zu verhungern ...
Collage: Stef-Art 2024
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Merkur.de
Am Bodensee sind tausende Vögel gestrandet, die aufgrund der Wetterverhältnisse nicht in den Süden fliegen können. Sollte sich keine Besserung einstellen, droht eine Katastrophe.
Friedrichshafen - Was sich viele Menschen wünschen, ist für Zugvögel normalerweise Realität: Wenn es in Deutschland zu kalt wird, zieht es sie in den Süden. Wie der Naturschutzbund Baden-Württemberg (NABU) auf seiner Seite schreibt, harren derzeit allerdings tausende Schwalben am Bodensee aus, die es nicht rechtzeitig über die Alpen geschafft haben. Das liegt zum einen an dem tagelangen Dauerregen und zum anderen an einem mangelnden Hoch, das den Zugvögeln Aufwind für die Reise gen Süden geben könnte. Die Schwalben warten demnach auf besseres Wetter, die Lage spitzt sich aber immer weiter zu.
„Für Schwalben und Mauersegler als Insektenfresser wird tagelanger Dauerregen schnell lebensbedrohlich“, sagt der NABU-Schwalbenbeauftragte Rudi Apel. „Ein Großteil der Schwalben aus dem Südwesten ist schon auf der Reise. Wer die Alpen noch nicht überqueren konnte, sitzt jedoch fest und wartet auf besseres Wetter.“ Was auf der Seite des NABU noch vergleichsweise harmlos klingt, ist für die Tiere aber sogar lebensgefährlich. Im Gespräch mit dem SWR erklärte Apel, was genau passiert, sollte sich die Lage nicht baldmöglichst bessern. Naturschützer fordern seit langem einen besseren Schutz für Vögel vor dem Stromtod.
Der Grund, warum Zugvögel im Herbst gen Süden fliegen, ist hauptsächlich der, dass es hierzulande in den kalten Jahreszeiten schlicht an Futter – vor allem in Form von Insekten – mangelt. „Das ist mit das größte Problem“, sagte Rudi Apel im Gespräch mit dem SWR. „Die Kälte ist das Eine, aber der Nahrungsmangel ist das Andere. Die Vögel sind total abgemagert, halb verhungert.“ Zusätzlich erschweren die vermehrt auftretenden Extremwetter-Ereignisse den Flug der Schwalben. „Es droht eine regelrechte Katastrophe“, heißt es vom NABU, der auf seiner Seite ein Beispiel aus Österreich anführt.
„In Österreich mussten tausende Schwalben, die auf ihrer Route von Norden nach Süden waren, aufgrund des plötzlichen Wetterumbruchs notlanden, viele verhungern und erfrieren“, erklärt Apel dort. Im Gespräch mit dem SWR fügte der Experte hinzu, eine solche Situation in den vergangenen 17 Jahren nicht erlebt zu haben. Sollten sich die Wetterverhältnisse nicht bessern, drohen demnach die tausenden am Bodensee gestrandeten Vögel zu erfrieren und zu verhungern. Laut dem aktuellen Wetterbericht sollen die Temperaturen in Baden-Württemberg aber wieder deutlich ansteigen.
Baden-Württemberg gilt allgemein als Schwalbenland, doch auf die Rückmeldungen zum Bestand für 2024 blickt Experte Rudi Apel mit gemischten Gefühlen. „Es gibt Orte und Regionen mit relativ konstantem Schwalbenbestand, dazu zählen Aspach, Bretzfeld, Nürtingen, Freiburg, Pforzheim und Bernau“, erklärt er. „In anderen ist er stark eingebrochen, etwa in Bad Säckingen oder Hotzenwald.“ Wie genau sich die aktuelle Situation am Bodensee auf den Schwalbenbestand im Land auswirkt, sei derzeit aber noch nicht absehbar. Wie der Auerhahn, der in Baden-Württemberg vor dem Aussterben steht, stehen auch einige Schwalbenarten auf der Liste der gefährdeten Arten.