In ganz Deutschland haben am ersten Februar-Wochenende 2025 wieder hunderttausende Menschen gegen Rechtsextremismus und ein Erstarken der AfD protestiert. 42 Prozent der Deutschen fordern ein Verbot der extrem rechten Partei. Letzte Woche hat der Bundestag debattiert, ob die AfD verboten werden soll.
Der Verfassungsschutz verdĂ€chtigt die Alternative fĂŒr Deutschland bereits seit vier Jahren, rechtsextrem und verfassungsfeindlich zu sein. Das Bundesamt stuft die Partei als ârechtsextremistischen Verdachtsfallâ ein. Grundlage dafĂŒr ist ein 1.000-seitiges Gutachten.
Das veröffentlichen wir jetzt in voller LĂ€nge: Folgegutachten zu tatsĂ€chlichen Anhaltspunkten fĂŒr Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung in der Alternative fĂŒr Deutschland (AfD).
TatsĂ€chliche AnhaltspunkteIm Januar 2019 hat der Verfassungsschutz die AfD als âPrĂŒffallâ eingestuft, die erste Stufe der Beobachtung. Das Bundesamt stellte âerste tatsĂ€chliche Anhaltspunkte fest, die fĂŒr eine extremistische Bestrebung sprechenâ. DafĂŒr erstellte der Verfassungsschutz ein 400-seitiges Gutachten. Das haben wir 2019 veröffentlicht.
Im Februar 2021 hat der Verfassungsschutz die AfD zum âVerdachtsfallâ hochgestuft, die zweite Stufe der Beobachtung. Laut Bundesamt âbelegen die festgestellten tatsĂ€chlichen Anhaltspunkte den Verdacht, dass die Partei [âŠ] verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgtâ. DafĂŒr erstellte der Verfassungsschutz das 1.000-seitige Folgegutachten.
Das Fazit des Gutachtens: Es âliegen tatsĂ€chliche Anhaltspunkte dafĂŒr vorâ, dass die AfD âBestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnungâ verfolgt. Diese Anhaltspunkte liegen âvon hinreichendem Gewicht und in hinreichender Anzahlâ vor. Auch âunter besonderer BerĂŒcksichtigung der Parteienfreiheitâ machen die Anhaltspunkte eine Beobachtung der Partei âerforderlichâ.
Mit MenschenwĂŒrde unvereinbarDer Verfassungsschutz hat âzahlreiche gewichtige Anhaltspunkte festgestellt, die belegen, dass in der Partei AfD Bestrebungen gegen die Garantie der MenschenwĂŒrdeâ verfolgt werden. Artikel 1 des Grundgesetzes lautet: âDie WĂŒrde des Menschen ist unantastbar.â In der AfD gibt es relevante Bestrebungen gegen diesen obersten Verfassungsgrundsatz.
Der Verfassungsschutz belegt völkisch-nationalistische Aussagen und Positionen in der AfD. Auf allen Ebenen der Partei wird demnach ein âmenschenwĂŒrdewidriger völkisch-abstammungsmĂ€Ăiger Volksbegriff vertretenâ. Das Gutachten verweist auf Konzepte wie Ethnopluralismus, Begriffe wie Umvolkung und Forderungen wie Remigration. Dieses VolksverstĂ€ndnis ist laut Verfassungsschutz âmit der Achtung der MenschenwĂŒrde unvereinbarâ und verfassungsfeindlich.
Der Verfassungsschutz belegt verfassungswidrige Fremdenfeindlichkeit in der AfD. Auf allen Ebenen der Partei werden demnach Zugewanderte kontinuierlich âpauschal diffamiert und verĂ€chtlich gemachtâ. Das zeigt sich âinsbesondere bei rassistisch motivierter Diskriminierung und einer grundsĂ€tzlichen Behandlung einzelner Personen und Personengruppen wie Menschen zweiter Klasseâ. Dies belegt, âdass die Achtung der MenschenwĂŒrde fĂŒr bestimmte Minderheiten auĂer Geltung gesetzt werden sollâ.
Der Verfassungsschutz belegt verfassungswidrige Muslim- und Islamfeindlichkeit in der AfD. Auf allen Ebenen der Partei werden demnach âmuslimische GlĂ€ubige aufgrund ihres Glaubens kontinuierlich pauschal diffamiert, herabgewĂŒrdigt und ausgegrenztâ. Zudem gibt es Forderungen, die sich âgegen die freie AusĂŒbung der Religionsfreiheitâ richten und damit verfassungsfeindlich sind.
Gegen Demokratie und RechtsstaatDer Verfassungsschutz belegt Bestrebungen gegen das Demokratieprinzip in der AfD. Auf allen Ebenen der Partei wird demnach die demokratische Nachkriegsentwicklung der Bundesrepublik diffamiert sowie der Staat und die Parteien verunglimpft. âGewichtigen Teilen der Parteiâ geht es ânicht mehr um eine scharfe kritische Auseinandersetzung in der Sacheâ. Stattdessen soll das Vertrauen in die verfassungsmĂ€Ăige Ordnung âvon Grund auf erschĂŒttertâ werden, damit âdie freiheitliche demokratische Grundordnung als Ganzes fragwĂŒrdig erscheineâ.
Der Verfassungsschutz belegt Bestrebungen gegen das Rechtsstaatsprinzip in der AfD. In der Partei wird demnach die Gewaltenteilung abgelehnt, das staatliche Gewaltmonopol infrage gestellt und sich auf ein vermeintlich legitimes Widerstandsrecht berufen. Einerseits ergeben diese Aussagen laut Gutachten âkein verfestigtes Bild innerhalb der Gesamtparteiâ. Andererseits wĂ€re die Verwirklichung der âmenschenwĂŒrdewidrigen und diskriminierenden Vorstellungen letztlich nicht ohne eine Verletzung des Rechtsstaatsprinzips umsetzbarâ.
DarĂŒber hinaus belegt der Verfassungsschutz verfassungswidrigen Antisemitismus sowie verharmlosende oder positive Positionierungen zum Nationalsozialismus in der AfD. DafĂŒr benennt das Gutachten relevante Anhaltspunkte. Der Verfassungsschutz verzichtet aber darauf, den Verdacht auf Verfassungsfeindlichkeit auch mit diesen PhĂ€nomenbereichen zu begrĂŒnden.
Einfluss von RechtsextremistenIm MĂ€rz 2020 hat der Verfassungsschutz die AfD-Gruppierung âDer FlĂŒgelâ als erwiesen rechtsextremistische Bestrebung eingestuft. Daraufhin hat der AfD-Bundesvorstand den informellen Zusammenschluss aufgefordert, sich aufzulösen. Der Vorstand hat die âFlĂŒgelâ-Mitglieder jedoch weder aus der Partei ausgeschlossen noch zum Austritt aufgefordert. Folglich âkonnten diese in der Partei bleiben und ihre politischen Vorstellungen weiter verfolgenâ.
Laut Verfassungsschutz hat der rechtsextreme âFlĂŒgelâ trotz âformaler Auflösungâ weiterhin ânennenswertes Gewichtâ und âstrukturellen Einflussâ in der AfD. Das begrĂŒndet der Verfassungsschutz einerseits mit der GröĂe des âFlĂŒgelâ. DarĂŒber hinaus listet das Gutachten Belege fĂŒr den RĂŒckhalt des âFlĂŒgelâ in der Gesamtpartei auf allen Ebenen und statistische Analysen zu Verbindungen in Sozialen Netzwerken.
- Ein weiteres Kapitel belegt Verbindungen der AfD zu rechtsextremistischen Gruppierungen. Auf allen Ebenen der Partei gibt es demnach Verbindungen zu Rechtsextremisten im Rahmen eines neurechten Netzwerks, zu rechtsextremen Verlagen und Publizisten, zur IdentitÀre Bewegung, zu rechtsextremen Personen, Parteien, und Gruppierungen sowie zu auslÀndischen Rechtsextremisten und rechtsextremen Vereinigungen.
Diese Verbindungen âgehen besonders im Bereich der Neuen Rechten ĂŒber eine reine Ăberschneidung hinaus und sind als strukturelle Verbindungen innerhalb eines strategisch agierenden Netzwerkes zu bezeichnenâ.
Gewichtiger Teil offen rechtsextremDer Verfassungsschutz hat auch entlastende Belege wie âAbgrenzungsbemĂŒhungen, OrdnungsmaĂnahmen und Distanzierungen gegenĂŒber extremistischen Teilelementen festgestelltâ. Demnach war es vor vier Jahren nicht ausgeschlossen, âdass eine knappe Mehrheit in der Partei noch eine Zusammenarbeit mit extremistischen KrĂ€ften meidetâ.
Die entlastenden Belege widerlegen jedoch das Gesamtergebnis nicht. Einerseits sind manche AbgrenzungsmaĂnahmen nur âstrategisch-taktischer bzw. formal-rechtlicher Art ohne substantielle Aussagekraftâ. Andererseits tritt âein gewichtiger Teilâ der AfD âoffen extremistisch auf oder ist zumindest an einer strategischen Zusammenarbeit oder Koexistenz mit ebenjenen extremistischen Teilen der Partei interessiertâ.
Rechtsextremismus und VerfassungsschutzDer Verfassungsschutz hat fĂŒr das Gutachten ausschlieĂlich öffentliche Quellen ausgewertet. Das sind vor allem Verlautbarungen der Partei, ihrer Organisationseinheiten sowie FunktionĂ€re. Die Analysten haben â4.600 Belege einer umfassenden und kritischen PrĂŒfung unterzogenâ. Das Gutachten enthĂ€lt ĂŒber 3.100 FuĂnoten. Sie verweisen auf rund 1.800 Facebook-Posts, 250 Tweets und 200 YouTube-Videos von mehr als 300 Personen.
Das Gutachten enthĂ€lt keine Informationen aus ânachrichtendienstlichen Mittelnâ wie Observationen, V-Leute oder KommunikationsĂŒberwachung. Viele Belege, die der Verfassungsschutz zitiert, wurden bereits von Medien, Forschern und Zivilgesellschaft beleuchtet. Teilweise referenziert der Verfassungsschutz diese Arbeit.
Im Gegensatz zur Zivilgesellschaft ist der Verfassungsschutz ohnehin nicht gerade Vorreiter im Kampf gegen Rechtsextremismus. Hans-Georg MaaĂen war PrĂ€sident des Bundesamtes, heute wird er vom Verfassungsschutz als Rechtsextremist abgespeichert. Helmut Roewer war PrĂ€sident des Landesamtes ThĂŒringen, heute schreibt er fĂŒr das Magazin Compact, das der Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch einstuft.
AfD verliert vor GerichtFĂŒr andere Akteure steht schon lĂ€nger fest, dass die AfD rechtsextrem und verfassungsfeindlich ist. Gerade deshalb ist das Gutachten so wichtig. Der Verfassungsschutz hat methodisch gearbeitet und eine groĂe Menge Informationen geprĂŒft und kontextualisiert. Der Verfassungsschutz hat nach eigenen Angaben ergebnisoffen gearbeitet, das Fazit hĂ€tte auch anders ausfallen können. Der Verfassungsschutz hat die rechtlichen Vorgaben erklĂ€rt und seine Ergebnisse ausfĂŒhrlich juristisch begrĂŒndet.
Die Arbeit und das Gutachten wurden vor Gericht verhandelt. Die AfD hat den Verfassungsschutz verklagt und verloren. Das Verwaltungsgericht Köln und das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen haben dem Verfassungsschutz Recht gegeben.
Nach Ăberzeugung der Gerichte besteht der âbegrĂŒndete Verdachtâ, dass âmaĂgebliche Teile der AfDâ rechtsextreme und verfassungsfeindliche âBestrebungen verfolgenâ. Der Verfassungsschutz darf die Partei âals Verdachtsfall beobachten und die Ăffentlichkeit hierĂŒber unterrichtenâ.
Wichtiges Dokument der ZeitgeschichteDiese Informierung der Ăffentlichkeit ist jedoch ausbaufĂ€hig. Eine Suche auf verfassungsschutz.de nach AfD findet dazu nur die jĂ€hrlichen Verfassungsschutzberichte und zwei Pressemitteilungen zu den Gerichtsurteilen. Zur ersten Stufe der Beobachtung veröffentlichte der Verfassungsschutz 2019 zumindest noch das vollstĂ€ndige Ergebnis des Gutachtens, heute ist selbst diese Information entfernt.
Wir haben den Verfassungsschutz gefragt, wie er die Ăffentlichkeit informiert und wo wir Informationen zum Verdachtsfall AfD finden. Die Antwort war kĂŒrzer als unsere Fragen: Der Verfassungsschutz informiert ânach den MaĂgaben des Bundesverfassungsschutzgesetzesâ und âauf verschiedene Weiseâ, beispielsweise mit den beiden Pressemitteilungen und öffentlichen ĂuĂerungen. âIm Ăbrigenâ Ă€uĂert sich der Verfassungsschutz âgrundsĂ€tzlich nicht zu internen ArbeitsablĂ€ufenâ.
Also veröffentlichen wir, was öffentlich sein muss. Bereits beim ersten Gutachten schrieben wir: âDie Verfassungsschutz-Analyse ist ein wichtiges Dokument der Zeitgeschichte. Es gehört in die Ăffentlichkeit und nicht in einen Panzerschrank neben dem Schredder.â
Damals wie heute gilt: âDass ein Geheimdienst eine politische Partei beobachtet, ist ein harter Eingriff in einer Demokratie. Gerade deshalb mĂŒssen die Erkenntnisse öffentlich verhandelt werden. Wo Behörden Transparenz verweigern, mĂŒssen Medien diese Informationen öffentlich machen, auch entgegen staatlicher Geheimnistuerei.â
Immer mehr gesichert rechtsextremMit dem Originaldokument kann sich die Ăffentlichkeit selbst eine Meinung bilden. Auf Basis des Gutachtens können Journalisten, Ăffentlichkeit und Zivilgesellschaft weiter recherchieren und aktiv werden. Das ist auch notwendig. Das Gutachten ist bereits vier Jahre alt und untersucht vor allem die Jahre 2019 und 2020. Seitdem ist viel passiert.
Das Bundesamt fĂŒr Verfassungsschutz stufte die AfD-Jugendorganisation âJunge Alternativeâ im April 2023 als gesichert rechtsextremistisch ein. Die LandesĂ€mter fĂŒr Verfassungsschutz stufen die AfD-LandesverbĂ€nde ThĂŒringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen als gesichert rechtsextremistisch ein. Die AfD-LandesverbĂ€nde Brandenburg, Bayern, Bremen, Niedersachsen, Baden-WĂŒrttemberg und Hessen werden als VerdachtsfĂ€lle beobachtet. Andere LandesĂ€mter sagen nicht öffentlich, ob sie ihren AfD-Landesverband beobachten.
Viele Akteure der Neuen Rechten sind mittlerweile ebenfalls als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Darunter sind das Institut fĂŒr Staatspolitik, Compact, Ein Prozent, IdentitĂ€re Bewegung, Zukunft Heimat, Pegida, PI-News und Arcadi. Der Verfassungsschutz nennt all diese rechtsextremen Organisationen im Gutachten und bezeichnet ihre Verbindungen mit Rechtsextremisten in der AfD als âstrategisch agierende Netzwerkeâ.
Ex-Chef sieht totalitĂ€re AnklĂ€ngeVor vier Jahren war laut Verfassungsschutz noch offen, âob sich die extremistischen Teile in der Partei durchsetzenâ und sich âder Verdacht der verfassungsfeindlichen Bestrebungâ so erhĂ€rtet, dass die gesamte AfD als gesichert rechtsextremistisch einzustufen ist. Seitdem hat sich die AfD weiter radikalisiert.
Jörg Meuthen war fast sieben Jahre lang Vorsitzender der AfD. Im Januar 2022 trat er aus der Partei aus und begrĂŒndete das mit dem Rechtsruck innerhalb der AfD. Er sagte: âDas Herz der Partei schlĂ€gt heute sehr weit rechtsâ, Teile der AfD stĂŒnden ânicht auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnungâ, er sehe dort âganz klar totalitĂ€re AnklĂ€ngeâ.
Birgit Malsack-Winkemann war bis 2021 Bundestagsabgeordnete der AfD. Im Dezember 2022 wurde sie festgenommen, seitdem sitzt sie in Untersuchungshaft. Der Generalbundesanwalt wirft ihr vor, Mitglied in einer rechts-terroristischen Vereinigung zu sein. Die so genannte âPatriotische Unionâ wollte bewaffnet den Bundestag stĂŒrmen und das System stĂŒrzen. Seit Mai 2024 steht sie vor Gericht.
In groĂen Teilen rechtsextremBjörn Höcke ist Vorsitzender des AfD-Landesverbands ThĂŒringen und Vorsitzender der AfD-Fraktion im ThĂŒringer Landtag. Das Landgericht Halle verurteilte den Rechtsextremisten mehrere Male, weil er die verbotene Nazi-Parole âAlles fĂŒr Deutschlandâ nutzte. Davon unbeeindruckt nutzte die AfD auf ihrem Bundesparteitag vor drei Wochen den Ă€hnlich klingenden Slogan âAlice fĂŒr Deutschlandâ.
Der Spiegel schrieb: âDie AfD ist eine Partei der Rechtspopulisten, Rechtsradikalen und Rechtsextremen. Ihr Ziel ist die Ăberwindung des etablierten Systems der liberalen Demokratie in diesem Land. Der Parteitag der RechtsauĂen am vergangenen Wochenende lieĂ daran keinen Zweifel.â
Die Politik-Redakteurin Ann-Katrin MĂŒller analysierte: âAuf dem Parteitag in Riesa hat die AfD offen wie nie gezeigt, dass die Gesamtpartei fĂŒr völkischen Nationalismus steht. Sechs Wochen vor der Bundestagswahl versucht sie nicht, sich zu mĂ€Ăigen. Sie versucht auch nicht, die rechtsextreme Ausrichtung irgendwie zu verkleistern, das Programm und die Reden sprechen eine klare Sprache.â
- Die CDU/CSU macht im Bundestag gemeinsame Sache mit der AfD. Sogar Union-Kanzlerkandidat Friedrich Merz sagte im Bundestag ĂŒber die AfD: âDiese Partei ist eine in groĂen Teilen rechtsextreme Partei. Diese Partei untergrĂ€bt das Fundament unserer Demokratie.â
Eigentlich wollte auch der Verfassungsschutz seine Bewertung der AfD lĂ€ngst aktualisieren. Seit Jahren arbeitet das Bundesamt an einem neuen, dritten Gutachten. Im Oktober kĂŒndigte der Verfassungsschutz-PrĂ€sident noch âim Laufe des Jahresâ 2024 eine Entscheidung an. Laut Medienberichten will der Verfassungsschutz die Partei AfD als âgesichert extremistischâ einstufen, die dritte und höchste Stufe der Beobachtung.
Doch drei Wochen nach der AnkĂŒndigung zerbrach die Ampel-Koalition. Daraufhin verschob der Verfassungsschutz die Einstufung erneut: âDie VerkĂŒndung dieses PrĂŒfergebnis noch in diesem Jahr war mit der vorgezogenen Neuwahl obsolet â das wĂ€re zu nah an den Wahltermin gerĂŒckt.â Juristen widersprechen: âDas Bundesamt fĂŒr Verfassungsschutz muss seine EinschĂ€tzung der AfD zeitnah öffentlich machenâ, noch vor der Bundestagswahl.
- Viele halten die AfD nicht nur fĂŒr verfassungsfeindlich, sondern fĂŒr verfassungswidrig. Mehrere zivilgesellschaftliche Initiativen fordern ein AfD-Verbot und wollen ein eigenes Gutachten verfassen. Im Oktober hielten 42 Prozent der Deutschen die Einleitung eines Verbotsverfahrens fĂŒr angemessen. Ăber 600 Juristen fordern ein AfD-Verbotsverfahren.
In einer Stellungnahme fĂŒr den Bundestag schreiben 17 Verfassungsrechtler: âDie rechtliche Beurteilung der Erfolgsaussichten eines Verbots fĂ€llt positiv aus. Demnach ist die AfD verfassungswidrig.â 113 Bundestags-Abgeordnete fordern, die Verfassungswidrigkeit der AfD festzustellen. In ihrem Antrag schreiben sie: âDie AfD wendet sich gegen zentrale Grundprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung.â Vor wenigen Tagen debattierte der Bundestag ĂŒber ein AfD-Verbotsverfahren.
Der CDU-Abgeordnete Marco Wanderwitz hat den Verbots-Antrag organisiert. Er begrĂŒĂt unsere Veröffentlichung: âMeiner Ansicht nach sollten derartige Gutachten grundsĂ€tzlich weitergehend öffentlich gemacht werden, damit die BĂŒrgerinnen und BĂŒrger einschĂ€tzen können, wie die Fakten sind.â Wanderwitz weiter: âAus meiner Sicht ist die AfD rechtsextremistisch. Es liegen so viele öffentliche Quellen dazu vor, dass diese bereits ausreichen, zu dieser Beurteilung zu kommen.â
Die Linken-Abgeordnete Martina Renner unterstĂŒtzt ein AfD-Verbot. Sie begrĂŒĂt unsere Veröffentlichung ebenfalls: âDie Veröffentlichung des Gutachtens ist aus meiner Sicht richtig.â Auch Renner findet: âDort sind viele Tatsachen und Belege dargestellt, die aus meiner Sicht ergĂ€nzend mit der weiteren Entwicklung dieser Partei ein mögliches Verbotsverfahren stĂŒtzen werden.â
Hier ist das Gutachten in Volltext:
Geheimhaltungsgrad: Verschlusssache â Nur fĂŒr den Dienstgebrauch
- Von: Bundesamt fĂŒr Verfassungsschutz
- Stand: 22. Februar 2021