Was im "Tiergarten" (T4) beschlossen wurde, begann in "Grafeneck" (BaWü) und wurde "Vorbild" für Auschwitz-Birkenau, Belzec und Sobibór ...
Blogger: "Grafeneck (Baden-Württemberg) wurde zur ersten Tötungsanstalt im Rahmen der „Aktion T4“ umgebaut."
Auch die 691 geistig Kranken aus der "Heilanstalt Weissenau" (heute Ortsteil von Ravensburg) wurden in Grafeneck vergast. Die Berliner Befehle gingen an die NSDAP-Zentrale (ab 1937) in der Ravensburger Seestraße weiter, von wo angeordnet wurde, dass diese 691 Unmenschen zu töten seien, da ihre Existenz lebensunwert sei.
Statt dass nun die Ravensburger Stadtverwaltung (CDU) aus dieser "Zentrale" ein Dokumentationszentrum über die Nazi-Zeit entstehen lässt, kämpft sie gegen die bürgerlichen Widerstände dafür, dass die "Braune Villa" zur Vorlage des Festabzeichens für das "Saufgelage 2015" wird.
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Das Programm der NSDAP war rassistisch, antikommunistisch, imperialistisch und in seinen
„kapitalismuskritischen“ Ausprägungen auch immer antisemitisch.
Dieser „kapitalismuskritische“ Flügel (auch als Otto-Strasser-Gruppe bekannt) wurde aus der
NSDAP ausgeschlossen und entmachtet. Otto Strassers Bruder, Gregor Strasser, verblieb in
der NSDAP, wurde jedoch 1934 (im Zuge des sog. Röhm-Putsch) ermordet. Dies waren
wichtige Signale für die „alten Eliten“, dass von der NSDAP keinerlei sozialistische Gefahr
ausgeht. Es folgte 1932 das Kabinett der sog. „nationalen Konzentration“ unter
Reichskanzler von Papen. In diesem Kabinett waren Besitzer von Großkonzernen,
Großgrundbesitzer (sog. Junker), Militär und hohes Beamtentum präsent. Zum ersten Mal
war keiner der Minister Reichstagsabgeordneter.
Die nächsten Wahlen am 6 November 1932 waren gekennzeichnet von hohen Verlusten für
die Konservativen und auch für die NSDAP, die fast 2 Millionen Stimmen verloren und
Zugewinnen für die KPD (Kommunistische Partei Deutschlands), also den direkten politischen
Gegner. Aus Angst vor dem Verlust von Privilegien und Geld durch eine sozialistische/
kommunistische Regierung wurde ein Bündnis der DNVP und der NSDAP toleriert. Dies
führte zur Bildung der Hitler-Hugenberg Regierung 1933. Was anschließend folgte war
Diktatur, Massenmord und Vernichtung.
Mit Hitlers Ernennung zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 beginnt die „Gleichschaltung“: In einer Demokratie, wie es z.B. die Weimarer Republik zu Beginn war, ist die Macht an mehreren Stellen verteilt. In den Ländern, Kreisen und Städten gab es damals Parlamente. „Gleichschaltung“ meint den Versuch alle Orte der Machtausübung, wie z.B. Parlamente, Verwaltungen und das gesellschaftliche und öffentliche Leben, zentral zu kontrolliere
Im Zuge der Gleichschaltung wurden die Länderparlamente und Gemeinderäte nach den Stimmenverhältnissen der Reichstagswahl besetzt. Eine weitere Maßnahme war die Auflösung der Gewerkschaften und sonstiger Verbände. Es wurden hierfür dann eigene Organisationen geschaffen, wie beispielsweise die „Deutsche Arbeiterfront“ (DAF). Kulturell wurde Deutschland durch die „Reichskulturkammer“ gleichgeschaltet. Die Kinder und Jugendlichen wurden in der „HJ“ (Hitlerjugend, bzw. dem BDM für Mädchen) und zuvor bei den „Pimpfen“ im Jungvolk ideologisch beeinflusst. In vielen Städten wurden Juden zusätzlich zu den schon bestehenden Repressionen weiter ausgegrenzt. So stellte z.B. der Eschenauer Ortsgruppenleiter der NSDAP 1935 folgenden Antrag, der einstimmig angenommen wurde:
- 1. Jeder Gemeinderat oder Beigeordnete, der weiterhin Geschäfte mit Juden tätigt, geht sofort seines Mandates verlustigt.
- 2. Jeder Gewerbetreibende, der weiterhin von Juden kauft, wird bei Gemeindearbeiten und Lieferungen nicht mehr berücksichtigt
- 3. Die Gemeindewaage steht Juden nicht mehr zur Verfügung. Vieh das von Juden gekauft oder an Juden verkauft wurde, darf auf derselben nicht mehr gewogen werden.
Durch Zwangsarbeit versuchten die Nationalsozialisten die fehlenden Arbeitskräfte
auszugleichen und den gestiegenen Bedarf an Rohstoffen und Verbrauchsgütern während
des Krieges zu befriedigen. Wer die unmenschliche Zwangsarbeit überlebte,
konnte und kann immer noch nicht auf eine angemessene Entschädigung hoffen. Erst ab
2000, nachdem eine Vielzahl der Zwangsarbeiter bereits verstorben war, kam es zu geringen
Entschädigungszahlungen, die aber in keinem Verhältnis zu dem erlittenen Unrecht standen.
Es lässt sich abschließend hierzu sagen, dass die NS-Diktatur in Ihrer Gesamtheit das Leben
auch auf dem Land durchdrungen hat. Viele, die beim braunen Terror mitmachten, sahen in
der NS-Diktatur die Chance auf Privilegien, Posten und sich zu bereichern, sowie schon
bestehende Ressentiments auszuleben. Wo im Großen die Industrie sich bereicherte, waren
es im Kleinen normale Menschen, die auf ihrem Bauernhof Zwangsarbeiter beschäftigten
oder eine Familie, die in ein „arisiertes“ (von Juden enteignetes) Haus zog.
Vorbereitung der „NS-Rassenhygiene”
Der (geistige) Weg zur industriellen Vernichtung von Menschenleben Die Vorstellungen der „Rassenhygiene“ erfahren ab dem Ende des 18. Jahrhunderts ihre Verbreitung. In Deutschland auch unter Eugenik, bzw. Eugenetik (von altgriechisch eu „gut“ und genos „Geschlecht“) bekannt, meint es den Einfluss auf die Bevölkerungspolitik mit dem Ziel „positive“ Erbanlagen zu vergrößern und „negative“ zu verringern. Diese Bestrebungen gibt es in den meisten westlichen Staaten, in Deutschland münden diese Vorstellungen in die nationalsozialistische „Rassenlehre“. Die Konsequenz sind viele Millionen Tote, die, mit dem Ziel eine „nordische Herrenrasse“ zu erreichen, grausam ermordet wurden. Die sog. „Rassenhygiene“ findet ihren Ursprung im Sozialdarwinismus. Sozialdarwinismus meint die Übertragung der Evolutionsgesetze Charles Darwins in der Natur („Überleben des Stärksten“) auf die menschliche Gesellschaft. Eine besonders ausgeprägte (und vor allem praktizierte) Variante des Sozialdarwinismus findet sich in der NS-Ideologie.
Der Anspruch der Nationalsozialisten, „unwertes Leben“ zu vernichten, gründet auf diesem Verständnis. Ernst Haeckel (1834-1919) ging davon aus, dass der Mensch „nur ein höher entwickeltes Wirbelt[h]ier“ sei. Insofern habe sich jeder Mensch auch in einem täglichen Kampf um seine Bedürfnisse zu behaupten. Haeckel verhalf dem Sozialdarwinismus in Deutschland mit seinen Veröffentlichungen 1863 zum Durchbruch. Wilhelm Schallmayer (1857-1919) und Alfred Ploetz (1860-1940) veröffentlichten 1895 ihre eugenischen Gedanken. Auf Ploetz geht auch der Begriff der „Rassenhygiene“ zurück. Durch das Herausgeben von Zeitschriften und dem Gründen von Gesellschaften, wie z.B. der „Gesellschaft für Rassenhygiene“ (1905) konnten sich die dahinterstehenden Gedanken immer weiterverbreiten und gewannen auch eine stetig wachsende Anhängerschaft. Die Vorstellungen der „Rassenhygiene“ fanden sich spätestens nach dem Ersten Weltkrieg (1914-1918) u.a. in den wissenschaftlichen Bereichen der Genetik, Anthropologie, Psychiatrie und Kriminalbiologie.
Auch in politischen Kreisen wurden diese Vorstellungen verstärkt aufgegriffen. In den folgenden Jahren trat die „Rassenhygiene“ einen regelrechten Siegeszug an, so entstand 1923 in München eine „kriminalbiologische Sammelstelle“ und die Rassenhygiene hielt Einzug an den Universitäten. Universitäre Zentren für Rassenhygiene wurden München, Berlin, Halle, Freiburg, Breslau, Rostock, Jena, Dresden, Leipzig, Heidelberg und Hamburg. Hierdurch mit beeinflusst übernimmt Adolf Hitler die zentralen Thesen der Rassenhygiene in seinem politischen Programm „Mein Kampf“ (erschienen 1925). Die führenden Rassenhygieniker der damaligen Zeit standen den Nazis positiv gegenüber, man sah den Nationalsozialismus als „Vollstrecker der rassenhygienischen Bewegung“. Nach der Machtübernahme durch die NSDAP gelangten so auch viele führende „Wissenschaftler“ in den Dienst des nationalsozialistischen Staats. Die 1920 erschienene Broschüre „Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens“ (A. E. Hoche/ K. Binding) stellt die Grundlage für die „Euthanasie“-Verbrechen der Nazis dar. Transskript: Ausschaltung des Erbuntüchtigen aus dem Erbstrom des deutschen Volkes „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ erfasst:
1. Angeborener Schwachsinn
2. Schizophrenie
3. Manisch-depressives Irresein
4. Erbliche Fallsucht [Anm. d. Verf.: Epilepsie]
5. Erblicher Veitstanz [Anm. d. Verf.: Chorea Huntington]
6. Erbliche Blindheit
7. Erbliche Taubheit
8. Schwere erbliche körperliche Missbildung
9. Schwerer Alkoholismus
Das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ ist für das Gesamtwohl und Weiterbestehen
unseres Volkes eine Notwendigkeit
Diese Grafik zeigt die Bestimmungen des „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ (GzVeN).
Die durch das Gesetz (erlassen 14.07.1933) als erbkrank definierten Menschen wurden sterilisiert.
Nach 1941 wird die NS-Euthanasie dezentralisiert, die Nazis ermorden ihre Opfer nicht mehr zentral in Gaskammern, sondern lassen sie durch Medikamente oder Unterernährung sterben (sog. „wilde Euthanasie“). Ab April 1941 beginnt die sog. „Aktion 14f13“ oder auch „Invaliden-/ Häftlingseuthanasie“, bei der man auch auf die bestehende Infrastruktur der „Aktion T4“ aufbaut. In diesem „Krieg gegen die Kranken“ wurden nach aktuellen Schätzungen (K. Dörner (u.a.): „Vernichten und Heilen“) über 260.000 Menschen ermordet.
Die Tötungsanstalt Grafeneck
Ein Beispiel für die Vernichtung von Menschenleben Grafeneck ist ein Jagdschloss auf der Schwäbischen Alb, dass durch Herzog Christoph von Württemberg erbaut worden war und in dem ab dem Jahr 1930 ein Behindertenheim der evangelischen Samariterstiftung untergebracht wurde. Am 14.10.1939 wird Grafeneck durch die Nazis beschlagnahmt und die körperlich Behinderten werden verlegt. Grafeneck wird nun zur ersten Tötungsanstalt im Rahmen der „Aktion T4“ umgebaut. Kondolenzschreiben an Angehörige eines Opfers der NS-Euthanasie Das hier angesprochen Opfer Otto J. wurde vermutlich in Grafeneck ermordet, da er (ebenso wie Emma Z.) vom Weissenhof (Heilanstalt Weinsberg) aus deportiert wurde. Auch das Todesdatum ist vermutlich falsch, um so mögliche Spuren zu verschleiern. Lediglich das Pseudonym „Dr. Schmitt“ trifft auf den stellvertretenden Leiter Aquilin Ullrich der T4-Tötungsanstalt Brandenburg zu.
Die Kondolenzschreiben der T4-Tötungsanstalten unterschieden sich kaum, sie bestanden aus mehreren Textbausteinen und wurden nur geringfügig je nach Opfer verändert.
Bildquelle: Staatsarchiv Ludwigsburg E 191 Bü 6861 | Reproduktionsgenehmigung erteilt durch StaL (Az.: 5-7512/Sn)
Am 18. Januar 1940 werden hier die ersten Deportierten aus den Heil- und Pflegeanstalten des Landes vergast. Insgesamt werden in Grafeneck bis Dezember 1940 -- 10.654 Menschen grausam ermordet. Grafeneck ist der Beginn der nationalsozialistischen Massenvernichtung von Menschenleben. Es wird auf den Erfahrungen und den verwendeten Technologien im weiteren Verlauf aufgebaut, so z.B. in den weiteren Vernichtungsanstalten für „unheilbar Kranke“, auf die später noch kurz eingegangen wird. Aber auch die Vernichtungslager im heutigen Polen (wie Auschwitz-Birkenau, Belzec und Sobibór) stehen in einer Reihe mit Grafeneck. Nicht nur durch die ähnliche Vorgehensweise, sondern auch durch personelle Überschneidungen. Beispielsweise ist der Leiter der Tötungsanstalt von Grafeneck (Dr. Horst Schumacher) auch der Leiter der Tötungsanstalt Sonnenstein und führte im KZ Auschwitz Experimente für Massensterilisierungen mittels Röntgenstrahlung an Häftlingen durch. Auch der Kriminalkommissar und SS-Obersturmbannführer Christian Wirth war zunächst Büroleiter in Tötungsanstalten (auch Grafeneck) und wurde anschließend erster Kommandant des Vernichtungslagers Belzec1 . Dies sind nur einige Beispiele für die häufigen Überschneidungen und Kontinuitäten.
Es sind heute 48 Heil- und Pflegeanstalten im heutigen Baden-Württemberg bekannt, aus denen im Rahmen der „Aktion T4“ Patienten deportiert wurden. Die Deportationen fanden ausschließlich mit umgebauten ehemaligen Post-Bussen 2 statt, die Platz für meistens 20 bis 25 Personen boten. Die Menschen wurden allerdings nicht immer nach Grafeneck deportiert, sondern auch nach Hadamar (Hessen).
Außerdem war es gängige Praxis, dass die
Todesnachrichten von einer anderen Tötungsanstalt zeitverzögert abgeschickt wurden, um
so Auffälligkeiten zu vermeiden. Es kam hinzu, dass man den Angehörigen anbot, die Urne
mit den sterblichen Überresten zugeschickt zu bekommen. Hier war jedoch in keinem Fall
die tatsächliche Asche des Verstorbenen enthalten, sondern beliebige Asche aus den
Krematorien.
Grafeneck hatte – genauso wie die anderen Anstalten – spezifische Merkmale: Es lag
außerhalb und schlecht einsehbar (zusätzlich wurde es durch hohe Sichtschutzzäune
eingegrenzt). Außerdem existierten eigene Ärzte für die Vernichtungsindustrie – denn nur
diese durften offiziell den Gashahn aufdrehen. Außerdem wurde jeweils extra ein
Standesamt eröffnet, dass den Tod der Ermordeten offiziell machte und Sterbeurkunden
ausstellte. Insgesamt waren in Grafeneck für den reibungslosen Ablauf um die 100 Personen
beschäftigt. Nach dem Ende des II. Weltkrieg dient Grafeneck wieder als Unterbringung für
geistig und körperlich Behinderte, mit einer Aufarbeitung der Verbrechen im Jahr 1940
wurde erst in den 80er Jahren begonnen, mittlerweile existiert eine Dokumentationsstätte.