Der "D-Day" im Wandel der Zeit --- Vom 6. Juni 1944 bis zum "Valentinstag" 2025 ...
Blogger:
Am 12. Juni 1944 - also knapp eine (1) Woche nach der Invasion der Alliierten an der Küste Frankreichs - gab es in der US-amerikanischen Zeitschrift "Time" im Leserbriefteil die Antwort auf die Frage eines Interessierten, warum denn der "D-Day" ausgerechnet diesen Namen erhalten hatte.
Viele Amerikaner nämlich dachten, dass das "D" für "Disembarkation" = Ausschiffung steht, oder für "Day of Decision" = Tag der Entscheidung.
Das zeigt, dass dieser Tag des Beginns der Offensive gegen Nazideutschland von Westen her, von Beginn an die Bezeichnung "D-Day", trug und sich nicht erst im Laufe der Jahre im "Volksmund" gebildet hatte. Die Antwort der Zeitschrift Time übrigens lautete wie folgt:
"D" steht für "Day", "H" steht für "Hour" und bedeutet den unbestimmten (oder geheimen) Tag und die Stunde für den Beginn einer militärischen Operation. Ihre Anwendung ermöglicht es, den gesamten Zeitplan der Operation detailliert zu planen und die verschiedenen Schritte von den untergeordneten Kommandeuren vorzubereiten, lange bevor ein bestimmter Tag und eine bestimmte Uhrzeit für den Angriff festgelegt wurden. Wenn der Tag und die Uhrzeit festgelegt sind, werden die Untergebenen darüber informiert. - Soweit die US-Armee feststellen kann, war die erste Verwendung von D für Day, H für Hour in der Feldanweisung Nr. 8 der Ersten Armee, A.E.F., vom 7. September 1918, die lautete: "Die Erste Armee wird am D-Day um H-Stunde angreifen, mit dem Ziel, die Evakuierung des St. Mihiel-Vorsprungs zu erzwingen." (Quelle: The Time)
1964 erhielt General Eisenhower einen Brief, in welchem jemand noch einmal fragte, warum dieser Name "D-Day" gewählt wurde. Durch seinen Assistenten ließ er folgendes antworten:
"General Eisenhower bat mich, auf Ihren Brief zu antworten. Seien Sie darauf hingewiesen, dass jede amphibische Operation ein "Abfahrtsdatum" hat; daher wird der verkürzte Begriff 'D-Day' verwendet." (a.a.O.)
Und in der Tat gab es sowohl im 1. Weltkrieg als auch im zweiten vieler solcher "D-Days". Aber der 6. Juni 1944 war ein ganz besonderer, quasi einer mit Alleinstellungsmerkmal.
Wie der folgende Artikel der FR zeigt, hat sich die Bedeutung respektive die Interpretation des D-Day im Lauf der zurückliegenden Jahre verändert. Wenn es auch nicht der 6. Juni 2025 gewesen war - denn der lag noch knapp vier Monate in der Zukunft - so hat in Bezug auf den "D-Day" dennoch der "Valentinstag 2025" einen - wenn auch schockartigen - Bezug zu ihm. Denn an jenem 14. Februar dieses Jahres, belehrte der amerikanische Vizepräsident auf der "Münchner Sicherheits-Konferenz" die einst durch die USA vom Naziregime befreite Europäische Welt - und vor allem die Deutsche Welt - darüber, dass diese mit der "Alternative für Deutschland" zusammenzuarbeiten habe (so der implizite amerikanische Imperativ) und stellte seine Zuhörer und Zuhörerinnen in seiner Lehrstunde über "wahre Demokratie" quasi als Repräsentanten autoritärer Regime hin, welche die Meinungsfreiheit mit Füßen träten.
Damit hat JD Vance im Februar 2025 - auch im Namen Donald Trumps - die Notwendigkeit des "D-Days" von vor 80 Jahren und acht Monaten quasi ad absurdum, als obsolet, als nicht notwendig hingestellt. Denn die AfD ist mit Sicherheit die "ideologische Nachfolgepartei der NSDAP".
Da war es gut (der Blogger ist kein CDU-Wähler, aber ...), dass der neue Bundeskanzler Friedrich Merz am Vorabend (im wahrsten Sinne des Wortes) vor dem Kamin des "Oval Office" die wirkliche Bedeutung des "D-Day" damals und heute hervorhob. Denn, liebe Leser und Leserinnen. "D" steht auch für Demokratie, welche in Deutschland von der AfD zerstört werden soll.
--------------------------------------------------
Seit 1944 haben sich die Fronten radikal verschoben. Das zeigt ein historischer Blick auf die Zeremonien in der Normandie: Deutschland ist wieder integriert, Russland wird unter Wladimir Putin zum Pariah.
Vor 80 Jahren, am 6. Juni 1944, lancierten die Alliierten mit der „Operation Overlord“ den Sturm auf das Nazi-Regime. Ein historischer Blick auf die Zeremonien in der Normandie:
1944 – Wende im Zweiten Weltkrieg: Am 6. Juni 1944, der heute D-Day genannt wird, überquert eine Armada aus 132 000 amerikanischen, britischen, kanadischen, polnischen und französischen Soldat:innen im Morgengrauen den Ärmelkanal, um in der deutsch besetzten Normandie einen Brückenkopf für die Rückeroberung Europas zu bilden. Unter hohen Verlusten setzten sie sich an fünf Landungsstränden fest – die „Operation Overlord“ gelingt. Die Wehrmacht, die den Angriff aufgrund alliierter Täuschungsmanöver an einem anderen Ort erwartet hatte, muss sich nach monatelangem Widerstand aus Frankreich zurückziehen. Im Mai 1945 endet der Krieg mit der Kapitulation des Nazi-Regimes.
1984 – Sowjetische Gegenpropaganda: Die Sowjetunion stört sich an den D-Day-Feiern westlicher Nationen. Die Sowjetpropaganda behauptet, die Normandie-Landung sei „historisch nebensächlich“ gewesen; die Entscheidung sei vielmehr an der russischen Front gefallen. US-Präsident Ronald Reagan erklärt dagegen am 40. D-Day-Jahrestag vermittelnd, die Amerikaner im Westen und die Russen im Osten hätten Hitler mit einer Zangenbewegung gemeinsam in die Knie gezwungen. Trotz des Kalten Krieges schlägt der Amerikaner der Sowjetunion in der Normandie eine „Öffnung im Geist der Versöhnung“ vor. Moskau wähnt in der Nato aber die gleichen „Neonazis“, die auch der russische Präsident Wladimir Putin später in der Ukraine ausmachen wird.
1994 – Helmut Kohls Skrupel: Beim 50. Jahrestag der alliierten Landung sind erstmals Diplomaten und Diplomatinnen der Russischen Föderation zugegen. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion zeugt dies von einem vorübergehenden ost-westlichen Tauwetter. Kanzler Helmut Kohl (CDU) leistet der Einladung durch den französischen Präsidenten François Mitterrand hingegen keine Folge. Ihm widerstrebt nicht so sehr, ein Zeichen der Reue zu zeigen, wie deutsche und andere Medien angeregt hatten; vielmehr lässt er durchblicken, die militärische Befreiung Westeuropas habe auch für die Deutschen viel Leid und Zerstörung gebracht. US-Präsident Bill Clinton äußert seine „tiefe Enttäuschung“ über Kohls Abwesenheit, die an den Feierlichkeiten eine „Lücke“ hinterlasse.
2004 – Schröder trifft Putin: Zehn Jahre später sind die Kriegswunden in Deutschland besser vernarbt: Mit Gerhard Schröder nimmt 2004 erstmals ein deutscher Regierungschef an den D-Day-Feiern teil. Der Sturm auf Hitlers letzte Bastionen sei „kein Sieg über Deutschland, sondern ein Sieg für Deutschland“ gewesen, sagt der SPD-Kanzler. Er besucht allerdings nicht den großen deutschen Soldatenfriedhof in La Cambe, wo unter den 212 000 Begrabenen auch SS-Vertreter sind, sondern nur den Gedenkort in Ranville mit 322 namentlich bekannten Wehrmachtsoldaten. Eine gewisse Ironie besteht aus heutiger Sicht darin, dass Schröder in der Normandie auch Wladimir Putin trifft, den Frankreichs damaliger Präsident Jacques Chirac ebenfalls eingeladen hatte. Der Franzose unterstreicht mit der Einladung seine Distanz zum amerikanisch geführten Irakkrieg. George Bush und Chirac verhandeln in der Normandie hinter verschossenen Türen über Irak-Resolutionen im Uno-Sicherheitsrat. Schröder stellt nach seiner Kritik am Irakkrieg klar, die Deutschen seien keine Pazifisten: „Wo militärisches Eingreifen nötig ist, entzieht sich Deutschland seiner Verantwortung für Frieden und Menschenrechte nicht.“ Dass sich diese Haltung Deutschlands einmal gegen seinen Freund Putin richten würde, ahnte Schröder wohl nicht.
2009 – Schatten über dem D-Day: Sehr gefasst, aber entspannter als ihr Vorvorgänger Kohl nimmt Angela Merkel an ihrem ersten D-Day teil. Die deutsche Kanzlerin besucht unter anderem Omaha Beach, wo mutige US-Rangers die Felsen der Pointe du Hoc im deutschen Geschützfeuer hochgeklettert waren. Der transatlantische Irakkrieg-Disput ist überwunden, die Fotograf:innen fokussieren sich auf Michelle Obama und die überhöhten Schuhabsätze von Gastgeber Nicolas Sarkozy. Steven Spielberg und Tom Hanks präsentieren ihren D-Day-Kriegsfilm „Der Soldat James Ryan“. Überschattet wird der D-Day vom brutalen Vorgehen der russischen Armee im Vorjahr in Georgien. Putin, damals nur Premierminister, und Präsident Dmitri Medwedew sind deshalb gar nicht erst zur Gedenkfeier gekommen. Ein schlechtes Omen für die Zukunft.
2019 – Trump verunsichert Europa: Emmanuel Macron beendet Putins unwürdiges diplomatisches Doppelspiel, indem er ihn nicht mehr in die Normandie einlädt. Der Kreml antwortet kühl, Putin habe „ehrlich gesagt nichts dagegen“. Der Russe weiß, dass seine Attacke auf die Ukraine und damit der endgültige Bruch mit den Ex-Alliierten nur eine Frage der Zeit ist. 2019 ist der Westen allerdings noch mit sich selbst beschäftigt, das heißt mit der Wahl von Donald Trump. Der amerikanische Präsident bezeichnet die transatlantische Beziehung immerhin als „unverwüstlich“. In der langen Geschichte der D-Day-Feiern wirkt dieser 75. Jahrestag wie der Abschluss einer Ära – der Ära des Friedens auf dem europäischen Kontinent. Die Langzeit-Königin Elisabeth II. und die Langzeit-Kanzlerin Merkel sind zum letzten Mal dabei. Und ihr Gesichtsausdruck ist besorgt, wenn die Rede auf Europa kommt.
2024 – Die letzten Überlebenden: Am 80. Jahrestag leben nicht mehr viele, die am D-Day im Einsatz waren. Ein kanadischer Veteran starb kurz vor der Abreise nach Frankreich. Nur noch etwa 200 Veteran:innen können an die Landungsstrände kommen, um zu berichten, wie es damals war. Und um vor einer Wiederholung zu warnen. (Stefan Brändle)