Israel verhindert den Iran als Atom-Macht ...
Israels Streitkräfte haben einen umfassenden Militäreinsatz gegen den Iran aus der Luft begonnen. Verteidigungsminister Katz spricht von einem "Präventivschlag". Teheran bezeichnet die Angriffe als "Kriegserklärung".
Israel hat in der Nacht - trotz der Bedenken der USA - zum Freitag zahlreiche Ziele im Iran angegriffen, darunter in der Hauptstadt Teheran und in der Atomanlage Natans. Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz sprach von einem "Präventivschlag", man rechne mit Vergeltungsangriffen.
Israel verhängte den Ausnahmezustand im Land. Schulen, Geschäfte und Büros müssen auf Anordnung des israelischen Heimatschutzes vorerst geschlossen bleiben, wie die Zeitung "Haaretz" berichtete. Sowohl Israel als auch der Iran riegelten ihren Luftraum ab.
Neue Angriffswelle am TagAm Freitagmittag starteten die israelischen Streitkräfte nach Medienberichten eine neue Welle von Angriffen auf Ziele im Iran. Explosionen hätten sich unter anderem in den großen Städten Tabris und Schiras sowie wieder bei der Atomanlage Natans ereignet, so iranische Medien.
Chef der Revolutionsgarden und Kommandeur der Luftstreitkräfte getötetIranische Medien meldeten, bei der ersten Angriffswelle sei der Chef der einflussreichen Revolutionsgarden, Hossein Salami, getötet worden. Mohammed Pakpur, bisher Brigadegeneral der Bodenstreitkräfte, sei zum Nachfolger bestimmt worden.
Zuvor hatte es noch geheißen, der frühere Innenminister Ahmad Wahidi werde Salamis Amt bei der Elitestreitmacht übernehmen. Nach Angaben des israelischen Militärs wurde bei den nächtlichen Angriffen auch der Kommandeur der Luftstreitkräfte der iranischen Revolutionsgarden, Brigadegeneral Amir Ali Hadschisadeh, getötet.
Laut dem iranischen Staatsfernsehen ist Generalstabschef Mohammed Bagheri ebenfalls unter den Opfern. Künftig soll der Kommandeur der regulären Streitkräfte, Abdolrahim Mussawi, diesen Posten innehaben. Weiter hieß es, es seien die wichtige Atomanlage Natans und drei Militäranlagen im Nordwesten des Landes getroffen worden. Auch sechs bedeutende Atomwissenschaftler wurden demnach getötet.
Iranische Medien: Mindestens 78 ToteNach inoffiziellen Berichten wurden allein in der Provinz Teheran mindestens 78 Menschen getötet. Es gebe mehrere Hundert Verletzte, melden iranische Medien übereinstimmend. Staatliche Angaben zu Opferzahlen gibt es bislang nicht.
Der Chef der Internationalen Atomenergieorganisation IAEA, Rafael Grossi, bestätigte, dass die Uran-Anreicherungsanlage in Natans "unter den Zielen" gewesen sei. Im Internetdienst X sprach Grossi von einer "äußerst besorgniserregenden" Situation. Nach Grossis Angaben sind derzeit Atominspektoren der IAEA im Iran. Die Zentrale der Atomenergiebehörde in Wien stehe mit ihnen in Kontakt, schrieb er.
Später informierte Grossi den israelischen Präsidenten Izchak Herzog über "schwere Schäden" in Natans. Der IAEA zufolge wurden nach dem dortigen Angriff jedoch keine erhöhten Strahlungswerte gemessen. In der im Zentraliran gelegenen Anlage wird unter anderem Uran mit einem Reinheitsgrad von bis zu 60 Prozent produziert. Dieses Material ist laut IAEA beinahe waffentauglich, denn es könnte mit relativ wenig Aufwand auf ein Niveau von 90 Prozent gebracht werden, das für Atomwaffen nötig ist. Teheran hat bislang stets beteuert, keine Atomwaffen bauen zu wollen.
Netanjahu: "Herzstück" des iranischen Atomprogramms getroffenIsraels Regierungschef Benjamin Netanjahu sagte, es sei "das Herzstück" des iranischen Atomprogramms zur Anreicherung von Uran getroffen worden. Zudem habe man Irans Programm für ballistische Raketen empfindlich getroffen. Der israelische Militäreinsatz gegen den Iran werde "so viele Tage wie nötig" dauern, kündigte Netanjahu an. Sein Land handele in der Absicht, "die iranische Bedrohung für das Überleben Israels zurückzudrängen"
Außenminister Katz erklärte, Israel befinde sich im Konflikt mit seinem Erzfeind Iran an einem "kritischen Punkt". "Dies ist ein entscheidender Moment in der Geschichte des Staates Israel und in der Geschichte des jüdischen Volkes."
Mehr als 200 israelische Kampfflugzeuge im EinsatzDie israelischen Streitkräfte teilten mit, bei der ersten Phase ihrer Angriffswellen auf den Iran seien mehr als 200 Kampfflugzeuge der Luftwaffe beteiligt gewesen. Bei dem Einsatz seien iranische Militär- und Atomanlagen im ganzen Land getroffen worden. Die Angriffe galten demnach mehr als 100 Zielen, "einschließlich nuklearen Zielen in verschiedenen Regionen des Irans". Es seien auch "Dutzende Radaranlagen und Boden-Luft-Raketenwerfer zerstört worden".
Generalstabschef Ejal Zamir sagte: "Wir haben diese Operation begonnen, weil die Zeit gekommen ist - wir befinden uns an einem Punkt ohne Umkehr." Man könne es sich nicht leisten, auf einen anderen Zeitpunkt zu warten. Zamir erklärte: "Wir müssen für unser Existenzrecht kämpfen - Freiheit wird denen zuteil, die bereit sind, für sie zu kämpfen." Ziel der Operation sei es, "eine sichere Zukunft für den Staat Israel und seine Bürger zu gewährleisten".
Vor dem Hintergrund des Großangriffs schloss Israel weltweit all seine Botschaften und Konsulate, wie das Außenministerium in Jerusalem mitteilte. Sicherheitsbedenken und die Furcht vor möglichen Anschlägen dürften die Ursache dafür sein.
Iran startet Drohnenattacke und spricht von "Kriegserklärung"Irans geistliches Oberhaupt Ayatollah Ali Chamenei drohte Israel indes mit folgenschweren Konsequenzen. Auch die berüchtigten Revolutionsgarden kündigten "Vergeltung" für den Tod ihres Chefs Salami an. Israel werde "einen hohen Preis zahlen" und sollte mit einer "starken Antwort der iranischen Streitkräfte rechnen", sagte Generalstabssprecher Abolfasl Schekartschi.
Außenminister Abbas Araghtschi bezeichnete den Großangriff auf sein Land als "Kriegserklärung". Israel habe damit alle roten Linien überschritten, sagte er laut der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA. Araghtschi rief den UN-Sicherheitsrat dazu auf, sich "sofort" mit der Angelegenheit zu befassen. Das wichtigste UN-Gremium will noch an diesem Freitag zu einer Sondersitzung zusammenkommen.
Der Iran feuerte in einer ersten Reaktion rund 100 Drohnen auf israelisches Staatsgebiet ab, wie Israels Militär mitteilte. Man habe etliche der Fluggeräte noch außerhalb des israelischen Territoriums abgefangen, erklärten die Streitkräfte. Sie bestätigten damit einen Bericht des israelischen Senders KAN, wonach die Luftabwehr iranische Drohnen über Syrien zerstörte. Auch die jordanische Abwehr schoss nach eigenen Angaben Flugkörper aus dem Iran ab. Das israelische Heimatschutzkommando hob eine frühere Warnung auf und erklärte, es sei nicht länger erforderlich, dass sich die Einwohner in der Nähe von Schutzräumen aufhielten.
Trump: "Es könnte alles vermasseln"US-Präsident Donald Trump hatte zuvor nochmals Israel aufgerufen, angesichts der laufenden Verhandlungen über ein Atomabkommen mit Teheran einen solchen Angriff zu unterlassen. "Wir stehen kurz vor einer ziemlich guten Einigung", sagte Trump. "Ich will nicht, dass sie reingehen, weil ich glaube, es könnte alles vermasseln." "Wir setzen uns weiterhin für eine diplomatische Lösung ein", schrieb Trump am Donnerstag in seinem Onlinedienst Truth Social
Das Weiße Haus in Washington teilte mit, Trump werde an diesem Freitag um 11.00 Uhr (Ortszeit, 17.00 Uhr MESZ) an einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates teilnehmen.
US-Außenminister Marco Rubio erklärte, Israel habe Washington über die bevorstehenden Angriffe informiert. Die USA seien daran aber nicht beteiligt gewesen. Den Iran warnte er davor, "amerikanische Interessen ins Visier zu nehmen". Rubio betonte, Priorität der USA habe der Schutz der eigenen Streitkräfte in der Region.
Auch der Irak schloss inzwischen seinen Luftraum. In dem iranischen Nachbarstaat wurde der komplette Flugverkehr eingestellt. Damit solle die Sicherheit der zivilen Luftfahrt gewährleistet werden, teilte das Verkehrsministerium mit. Eine ähnlich lautende Mitteilung gab auch die Behörde für zivile Luftfahrt in Jordanien heraus. Das zwischen dem Irak und Israel liegende Land sperrte ebenfalls seinen Luftraum.
Flugpläne durchkreuztDie Lufthansa-Gruppe kündigte an, den Flughafen in Teheran bis mindestens Ende Juli nicht mehr anzufliegen. Zudem verlängerte sie den bereits bestehenden Stopp ihrer Flüge nach Tel Aviv bis zu diesem Zeitpunkt und setzte für zunächst eine Woche die Flüge nach Amman in Jordanien, Erbil im Nordirak und Beirut im Libanon aus. Die Regelungen gelten für die Airlines Lufthansa, Swiss, Austrian, Eurowings, ITA Airways, Brussels sowie Lufthansa Cargo.
Die Fluggesellschaft Emirates mit Sitz in Dubai annullierte alle Verbindungen mit Start oder Landung im Iran, dem Irak, dem Libanon und in Jordanien. Qatar Airways teilte mit, "aufgrund der aktuellen Situation in der Region" seien vorübergehend Flüge in den Iran und den Irak abgesagt. Weitere Unternehmen wie Air France und Air India reduzierten ebenfalls ihr Angebot.
Merz: Iran darf keine Atomwaffen bauenBundeskanzler Friedrich Merz bekräftigte in einer ersten Reaktion das Recht Israels, "seine Existenz und die Sicherheit seiner Bürger zu verteidigen". Das iranische Nuklearprogramm verstoße gegen die Bestimmungen des Atomwaffensperrvertrags und sei "eine ernsthafte Bedrohung für die gesamte Region, insbesondere für den Staat Israel". Die Islamische Republik müsse davon abgehalten werden, Nuklearwaffen zu entwickeln."
Zugleich rief der CDU-Politiker beide Seiten dazu auf, "von Schritten abzusehen, die zu einer weiteren Eskalation führen und die gesamte Region destabilisieren können". Deutschland stehe bereit, "mit allen uns zur Verfügung stehenden diplomatischen Mitteln auf die Konfliktparteien einzuwirken" und stimme sich dabei eng mit seinen Partnern ab, namentlich mit Frankreich, Großbritannien und den USA.
Die Bundesregierung werde alle notwendigen Vorkehrungen zum Schutz deutscher Staatsbürger in Israel, im Iran sowie in der Region treffen. In Deutschland werde der Schutz jüdischer und israelischer Einrichtungen verstärkt, teilte Merz mit. Das Auswärtige Amt in Berlin warnt vor Reisen nach Israel und in die Palästinensergebiete. "Deutsche Staatsangehörige, die sich derzeit im Gazastreifen oder im Westjordanland aufhalten, sollten - sofern möglich - ausreisen", heißt es im aktuellen Reise- und Sicherheitshinweis. "Israel befindet sich weiterhin formell im Kriegszustand."
Internationale Appelle zur DeeskalationNATO-Generalsekretär Mark Rutte rief zu verstärkten diplomatischen Bemühungen auf. "Das war eine einseitige Handlung Israels. Daher denke ich, dass es jetzt für viele Verbündete - einschließlich der USA - von entscheidender Bedeutung ist, an einer Deeskalation zu arbeiten" sagte Rutte bei einem gemeinsamen Auftritt mit dem schwedischen Ministerpräsidenten Ulf Kristersson in Stockholm."
Der britische Premierminister Keir Stamer erklärte, die Stabilität im Nahen Osten müsse "Vorrang" haben. Eine Eskalation nütze niemandem in der Region. "Jetzt ist die Zeit für Zurückhaltung, Ruhe und eine Rückkehr zur Diplomatie", betonte der britische Regierungschef.
China zeigte sich "zutiefst besorgt" und verurteilte die israelischen Angriffe als "Verletzungen" der iranischen Souveränität. Ein Sprecher des Außenministeriums rief alle Beteiligten dazu auf, "Maßnahmen zu ergreifen, die den Frieden und die Stabilität in der Region fördern und eine weitere Eskalation der Spannungen verhindern".
Russlands Präsident Wladimir Putin ließ durch seinen Sprecher erklärten, man verurteilte die erhebliche Eskalation der Lage. Die russische Botschaft in der israelischen Metropole Tel Aviv forderte die eigenen Landsleute auf, wenn möglich in ihre Heimat zurückzukehren. Zugleich wurde von Reisen nach Israel abgeraten.
Scharfe Worte aus AnkaraMit äußerst scharfen Worten reagierte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. Israel versuche, "die Region und die ganze Welt mit seinen rücksichtslosen, aggressiven und gesetzlosen Aktionen in eine Katastrophe zu stürzen". Die internationale Gemeinschaft müsse dem - so wörtlich - "israelischen Verbrechertum" ein Ende setzen, fügte Erdogan hinzu.
Die Afrikanische Union (AU) bat alle Beteiligten um maximale Zurückhaltung. Der Kommissionsvorsitzende Mahmoud Ali Youssouf nannte die jüngste Entwicklung eine "ernsthafte Bedrohung für die internationale Sicherheit" und den Weltfrieden.