Ravensburg, 9. November 2025 - "Trallala" [Schlendern, Stöbern, Schlemmen] und "Konsumfieber", statt aufrüttelndes und aktuell angebrachtes Gedenken an die Pogromnacht 1938 ...
Stefan Weinert, Blogger
Wer leugnen oder abwimmelnd behaupten will, die ganz aktuelle Zeit in Deutschland sei nicht von Antisemitismus und Verteufelung des Staates Israel "geschwängert", der/die/id sagt ganz offensichtlich die Unwahrheit, oder leidet unter einer heftigen Wahrnehmungsstörung. Da wäre es angebracht, gerade JETZT und das auch noch an so einem wichtigen und schrecklichen Datum, wie es der 9. November 1938/2025 war und ist, diesem Geschehen zu gedenken.
Stattdessen und gefühlt fast wöchentlich gehen hunderte, tausende oder zehntausende Menschen auf die deutschen Straßen und Plätze, um einerseits für die Palästinenser im Gazastreifen und der Westbank und gleichzeitig analog gegen das böse Monstrum "Staat Israel", das/der aber gleichzeitig der sichere Staat der einst von den Deutschen verfolgten "Jüdischen Rasse" und des "Weltjudentums" ist, zu demonstrieren.

Deutsches Stadtbild 1938, Foto: https://encyclopedia.ushmm.org/content/de/article/kristallnacht
Da passt es doch gut (Vorsicht: bissige und nadelstichige Satire), dass die Stadt Ravensburg, wieder einmal einen "Verkaufsoffenen Sonntag" begeht, statt auf dem Marienplatz (also im Zentrum der City) eine aufrüttelnde Gedenkveranstaltung zur zerstörerischen Pogromnacht in deutschen Städten am 9. und 10. November 1938 zu gestalten. Doch weder Papa noch Mama, noch Opa oder Oma werden beim Bummeln und Schlemmern ihren Kindern und Enkelkindern erzählen, was an diesem Tag vor 87 Jahren in Deutschland geschehen war:
In Ravensburg wurden die Schaufenster des Warenhauses "Wohlwert" demoliert, bei der Familie Erlanger auf dem Burachhof mehrere Fenster eingeworfen. Die jüdischen Männer wurden tagelang inhaftiert. Da reicht die "Fahne der Demokratie" oder rote Rosen auf den "Stolpersteinen" 2025 nicht mehr aus. "Demokratie leben" in diesen Tagen heißt, seine Stimme öffentlich gegen den Judenhass zu erheben.
Auf der offiziellen Seite der Ravensburger Stadtverwaltung ist dazu folgendes zu lesen. Markierungen und [---] vom Blogger.
"Der traditionelle Martinimarkt lädt seine Gäste am Samstag, den 8. November [2025] von 9 bis 19 Uhr und am Sonntag, den 9. November [2025] von 11 bis 18 Uhr zum Schlendern, Stöbern und Schlemmen in der Ravensburger Innenstadt ein. Besucher dürfen sich auf eine gute Auswahl an Geschenkartikeln, Dingen des täglichen Bedarfs und herbstlichen Dekoartikeln freuen. An verschiedensten Imbissbuden kommt bei winterlichen Leckereien bereits der Vorgeschmack auf Weihnachten auf. Parallel können sich Besucher beim verkaufsoffenen Sonntag von 13 bis 18 Uhr mit warmen Klamotten für die kalte Jahreszeit ausstatten."
Doch statt nun sich der angeblichen sehr guten Gedenkkultur in Ravensburg (Vorsicht: siehe oben) mit dem "Rutenfestabzeichen 2015" (ehemalige NSDAP-Zentrale 1937 - 45) und der immer noch nicht zurück benannten "Judengasse" (ab 1937 "Grüner-Turm-Straße") anzuschließen, wird wenige Tage später, am 15. November 2025, wieder eine große gegen Israel/Juden und für Palästina skandierende Menschenschar (die meisten mit "migrantischem Hintergrund", wie es der Veranstalter immer wieder betont; gemeint sind aber in Wirklichkeit israel- und judenfeindliche Muslime) inmitten der City anzutreffen sein. Natürlich mit dem Tenor: Israel ist an der aktuellen Not der Palästinenser Schuld, sonst niemand, vor allem nicht die Hamas. Jedenfalls wird man/frau auch dieses mal nichts Gegenteiliges hören. Doch das hatten wir schon einmal, damals, als die Nazis den Juden die Verantwortung für die brutale Zerstörung in der "Reichskristallnacht" zuschob, und von der "Jüdischen Gemeinde" eine (1) Milliarde = 1.000.000.000 Reichsmark als Wiedergutmachung verlangte und auch tatsächlich einzog.
Auch heute - so wie damals - schweigt die Mehrheit der Deutschen zu dem, was sich an Antisemitismus/Antizionismus und HaSS gegen den Staat Israel in der Öffentlichkeit, beim ÖRR, in den Printmedien und in den Sozialen Netzwerken hemmungslos entlädt. Und so wie auch damals, wuchsen/wachsen erst "unsichtbare Mauern" gegen jüdische Mitbürger (!!!) und Mitbürgerinnen, welche sich dann nach dem "9. November" zu offener Feindseligkeit auswuchsen.
Ja, es gibt Politiker und Politikerinnen, die sich offiziell gegen diese Bewegung stellen. Und auch hier und dort kleinere Sympathie-Veranstaltungen für Israel. Aber wo ist das Volk, wo sind die Männer und Frauen, welche hier offen mit ihrer Namensnennung die Lanze für Israel und für unsere jüdischen Mitbürger und Mitbürgerinnen brechen? Das ist eine reine Suggestivfrage, denn die Antwort ist klar! So wie "damals".
Und wer dem Blogger Einseitigkeit "Pro Israel und pro jüdischen Lebens" vorwirft ., sollte a) vorher überlegen, ob er nicht im "Glashaus" sitzt und b) weiß nicht, dass der Blogger bereits 1983 (also vor 42 Jahren) in seiner theologischen Abschlussarbeit seinen Finger in die Wunde des "Umgangs Israels mit den Palästinensern" gelegt hatte und noch heute, die Lage differenziert sieht. Aber damals (PLO, Jassir Arafat) wie auch heute (Hamas) ist es das Ziel der offiziellen Palästinenser-Politik, den Staat Israel auszulöschen. Und das wissen auch die Aktivisten, die am 15. November 2025 - mit Genehmigung der Ravensburger Stadtverwaltung - den Marienplatz für diese Zwecke nutzen.
Genau das ist - meiner persönlichen Meinung nach - das schöne "Stadtbild" der Oberschwabenmetropole, dass laut einem SPD(!)Stadtrat mit zusätzlichen 2 Euro pro Übernachtung für Anreisende per einzuführender "Bettensteuer" zu erhalten sei. Schließlich sei man ja eine selbstbewusste Stadt, welche dies durch Einführung einer solchen "City-Tax" auch zeigen sollte, ergänzt dazu eine "grüne" Stadträtin.
QUO VADIS - RAUENSPURG?
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Quelle: encyclopedia.ushmm.org
Am 9. und 10. November 1938 lösten die Nationalsozialisten eine Serie von Pogromen gegen die jüdische Bevölkerung aus. Diese fanden sowohl in Deutschland als auch in den kurz zuvor angegliederten Gebieten statt. In Anlehnung an die Glasscherben, die infolge des Vandalismus und der Zerstörung jüdischer Geschäfte, Synagogen und Häuser die Straßen übersäten, wurde dieses Ereignis als „Kristallnacht“ bezeichnet. Heute wird eher die Bezeichnung Pogromnacht verwendet.
Die Nationalsozialisten verschleierten die gezielte Organisation dieser Pogrome. Sie stellten die Aktionen als gerechtfertigte und spontane Reaktionen der deutschen Bevölkerung auf die Ermordung des deutschen Diplomaten Ernst vom Rath dar. Während des Pogroms wurden etwa 30.000 jüdische Männer zusammengetrieben und in Konzentrationslager gebracht. Dies war die erste Massenverhaftung von Juden, allein weil sie jüdisch waren und ohne weitere Gründe für ihre Verhaftung. Nach der Pogromnacht verlangte das NS-Regime von der jüdischen Gemeinde die Zahlung einer „Sühneleistung“ in Höhe von 1 Milliarde Reichsmark. Ferner wurden zahlreiche judenfeindliche Gesetze und Verordnungen erlassen.
Die Pogromnacht wurde anschließend vom NS-Regime als spontaner Akt der öffentlichen Empörung über die Ermordung von Ernst vom Rath dargestellt. Vom Rath war Botschaftsbeamter an der deutschen Botschaft in Paris. Herschel Grynszpan, ein 17-jähriger polnischer Jude, hatte den Diplomaten am 7. November 1938 erschossen. Wenige Tage zuvor hatten die deutschen Behörden Tausende von in Deutschland lebenden Juden polnischer Staatsangehörigkeit aus dem Reich ausgewiesen. Grynszpan hatte die Nachricht erhalten, dass sich auch seine Eltern, die seit 1911 in Deutschland lebten, darunter befanden.
Vom Rath starb am 9. November 1938, zwei Tage nach dem Attentat. Der Tag fiel zufällig mit dem Jahrestag des Hitler-Ludendorff-Putsches von 1923 zusammen, einem wichtigen Datum für die Nationalsozialisten. Die in München zur Gedenkfeier versammelte Führung der NSDAP beschloss, die Angelegenheit als Vorwand für die Planung der Pogromnacht zu nutzen. Propagandaminister Joseph Goebbels, einer der Hauptinitiatoren der Pogromnacht, suggerierte der einberufenen nationalsozialistischen „Alten Garde“, dass sich das „Weltjudentum“ zu diesem Attentat verschworen hatte. Er erklärte, dass der Führer beschlossen habe „dass die Partei solche Aktionen zwar nicht zu organisieren, aber sie dort, wo sie spontan entstehen, nicht zu verhindern hat.“
Goebbels Worte wurden offenbar als Befehl verstanden, der Gewalt freien Lauf zu lassen. Nach seiner Rede erteilten die versammelten regionalen Parteiführer ihren örtlichen Vertretungen Anweisungen. In verschiedenen Teilen des Reichs brach die Gewalt in den späten Abend- und frühen Morgenstunden des 9. bzw. 10. November aus. Einheiten der SA und Hitlerjugend beteiligten sich in ganz Deutschland sowie in den angegliederten Gebieten an der Zerstörung jüdischer Häuser und Geschäfte. Die Mitglieder vieler Einheiten trugen Zivilkleidung, um den Eindruck zu erwecken, die Unruhen seien Ausdruck „öffentlicher Empörung“.
Die Regierung erklärte unmittelbar nach dem Pogrom, dass „die Juden selbst“ dafür verantwortlich gewesen seien und verhängte eine Geldstrafe von einer Milliarde Reichsmark gegen die deutsch-jüdische Gemeinde. Die Reichsregierung beschlagnahmte sämtliche Versicherungsleistungen an Juden, deren Geschäfte und Häuser geplündert oder zerstört worden waren, sodass die jüdischen Eigentümer privat für die Kosten aller Reparaturen aufkommen mussten.
In den folgenden Wochen erließ die Regierung Dutzende von Gesetzen und Verordnungen, die darauf ausgerichtet waren, Juden zu enteignen und ihre Existenzgrundlage zu vernichten. Viele dieser Gesetze dienten der „Arisierung“, d.h. jüdische Unternehmen und jüdisches Eigentum gingen, in der Regel zu einem Bruchteil ihres wahren Wertes, an „Arier“ über. Die neue Gesetzgebung verbot es Juden, die ohnehin nicht mehr im öffentlichen Sektor tätig sein durften, den Großteil der Berufe im privaten Sektor auszuüben. Die Gesetze sahen jedoch noch weitere Maßnahmen vor, um Juden aus dem öffentlichen Leben auszuschließen. So wurden jüdische Kinder, die weiterhin deutsche Schulen besuchten, offiziell vom Schulbesuch ausgeschlossen. Deutsche Juden durften weder Inhaber eines Führerscheins sein noch ein Fahrzeug besitzen. Das Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel war ihnen gesetzlich verboten. Auch war Juden der Besuch „deutscher“ Theater, Kinos oder Konzertsäle untersagt.
Die Ereignisse der Kristallnacht markierten einen wichtigen Wendepunkt in der antisemitischen NS-Politik. Historiker/innen haben festgestellt, dass die antijüdische Politik nach dem Pogrom immer gezielter in die Hände der SS übergeben wurde. Auch die Passivität, mit der die meisten deutschen Bürger/innen auf die Gewalt reagierten, signalisierte dem Regime, dass die deutsche Öffentlichkeit für radikalere Maßnahmen bereit war.
In den darauf folgenden Jahren erweiterte und radikalisierte die NS-Regierung ihre Maßnahmen, die darauf abzielten, Juden vollständig aus dem Wirtschafts- und Sozialleben Deutschlands zu verdrängen. Das Regime ging zunächst zu einer Politik der Zwangsauswanderung über und beschloss schließlich, die Vision eines „judenreinen“ Deutschlands zu verwirklichen, indem es die jüdische Bevölkerung „in den Osten“ deportierte.
Insofern stellt die Pogromnacht einen wesentlichen Wendepunkt bei der Judenverfolgung durch die Nationalsozialisten dar, die schließlich in dem Vorhaben gipfelte, die europäischen Juden zu vernichten.
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