Das Buch, dessen Sprache nur die Seele versteht - 🥚▶OSTERN ist nichts für WEICHEIER ...
Von Stefan Weinert
Egal, wie der Leser und die Leserin zu christlich-religiösen Festen stehen mag, ob er oder sie diese besonderen Tage als biblisch und/oder historisch begründet sieht, oder als kirchlich verordnete und als traditionelle zu begehende Veranstaltungen, oder nur als übernommene Rituale einer längst vergangenen dunklen Epoche der Menschheitsgeschichte: Ostern hat – vor allem in seinem ursprünglichen aber auch aktuellen Kontext – eine unglaublich Tiefe und vor allem auch eine auf jeden einzelnen Menschen des Planeten übertragende persönliche Bedeutung - wie gesagt, gleich, ob er oder sie Christ/in, Jude, Jüdin, Moslem, Muslima, Agnostiker/in, Atheist/in, Buddhist/in oder Hinduist/in oder auch Atheist/in ist. Denn die Sprache der Bibel ist nicht nur eine universelle und Nationen übergreifende, sondern auch eine solche, die nur von der menschlichen Seele verstanden wird. Psychologen haben herausgefunden: Es ist ein und dieselbe Sprache, die von unseren Träumen benutzt wird.
In der Tat scheint es gerade unter den Christen der verschiedenen Konfessionen und der zigtausenden Denominationen (weltweit über 10.000) so zu sein, dass sie zwar das Osterfest feierlich begehen, allerdings nur in Erinnerung eines Mannes, der vor etwa 2.000 Jahren gelebt hat und gestorben ist, um dann „von den Toten aufzuerstehen.“ Mit ihrem ganz persönlichen Leben - das behaupte ich jetzt einmal, auch aus Erfahrungswerten und lasse mich dabei nicht aus - aber hat das „Ostern feiern“ offensichtlich meist überhaupt nichts zu tun. Und bei mir? Ich weiß nicht so recht ... Denn sonst - sorry - müsste es in unserer und meiner Alltagsgesellschaft / Alltagsleben etwas anders aussehen.
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15. Apr. 2025
Denn Ostern authentisch feiern, oder besser: nachempfinden, kann nur der und die, der/die auch den zu vorigen Karfreitag mit seinem Geschehen akzeptiert, generell und ganz persönlich. Mit anderen Worten – und damit in unseren Alltag integriert: Auf(er)stehen kann nur, wer zuvor gefallen ist; feiern und ermessen, was wirklich eine Feier ist, kann nur, wer die Erfahrung einer Niederlage, eines Verrates, einer Verhöhnung erlebt und gemacht hat. Kurz: Ostern ohne den zu vorigen Karfreitag (Kar = Kummer) gibt es nicht wirklich, sondern ist nur ein Datum, wo man/frau frei hat. Andersherum:
Der Leser und die Leserin merken schon, das hat mit der Zugehörigkeit zu einer Religion, oder einer bestimmten Glaubensrichtung primär rein gar nichts zu tun. Denn wir alle, gleich welcher Prägung und Abstammung, haben ein Leben zu bewältigen, dass uns nicht den „Rosengarten“ verspricht. Ein altes und arabisches Sprichwort sagt: „Da, wo immer die Sonne scheint, entsteht eine Wüste.“ Die Araber (ab dem 6. Jahrhundert n. Chr. meist auch Muslime!) müssen es wissen. Aber auch diejenigen, die in zuvor fruchtbaren Gegenden leben durften und durch die Klimaverschiebungen und –Veränderungen, nun das ausgedörrte Land (Sahel, Europa) verlassen müssen, weil der Regen ausbleibt und stattdessen die Glut der Sonne regiert. Den Wert einer Oase ermessen wird nur der können, der/die zuvor wochenlang durch die Wüste wandern mussten, um diesen köstlichen Ort zu erreichen.
Es gibt genügend Fromme in unserem Land, auf unserem Kontinent und vor allem in der westlichen Welt, die sehr gerne ihren persönlichen „Karfreitag“ umgehen, oder ihn umgehen wollen, um ihre tägliche „Auferstehung“ feiern (lassen) zu können. Und das geschieht tatsächlich tagtäglich. Doch auch hier gilt: Ohne Karfreitag kein Ostern. Nur mit dem Unterschied, dass für die Einen immer „Karfreitag“ ist (Bürgergeldempfänger, "Penner", ausgebeutete Gesellschaftsschichten und ganze Völker, Kleinrentner/innen), während die anderen täglich im Ostern verharren, so als sei das „normal“ und selbstverständlich und auch noch verdient.
Im christlichen Kirchenspektrum gibt es sogar eine "Sparte", in der jeden Tag und jeden Sonntag im Gottesdienst Ostern gefeiert wird und gefeiert werden muss. Es gilt: Wenn du reich bist, immer gesund bist, immer Erfolg hast, immer den Sieg auf deiner Seite hast, dann ist das ein Zeichen dafür, dass du "Gott gefällig" lebst. Andersherum. Bist du krank, arbeitslos, unglücklich und stolperst von Niederlage zu Niederlage, dann bist du ein sündiger und "Gott ferner" Mensch. Das habe ich nicht irgendwo recherchiert oder gelesen, sondern selbst mit meiner jungen Familie erlebt. Drei ganz Jahre. Dir wird der Himmel versprochen - und es ist doch mehr die Hölle, die du erlebst. Ich rede hier von den so genannten Charismatikern, die vor allem im süddeutschen Raum vertreten sind. Der persönliche Karfreitag darf da nicht vorkommen. Weil ich aber gerade dies predigte, musste ich gehen (Sonthofen, 1986 bis 89).
Wenn ich vom "Karfreitag" spreche, dann rede ich auch von der Ungerechtigkeit, der ungerechten Verteilung von Gütern und Begabungen in dieser Welt, und bleibe dabei aber nicht bei dem Monetären, dem Materiellen stehen, deren/dessen Verteilung oft Menschen gemacht ist. Ungerechte Verteilung gibt es auch in Sachen Gesundheit, Herkunft, Aussehen, Bildung usw., die von uns selbst schwer beeinflussbar sind. Ich will es mal überspitzt sagen: Da ist auf der einen Seite der gutaussehende, kräftige, große und gesunde junge Mann aus reichem und angesehenem Elternhaus, mit Abitur und Medizinstudium und der Gewissheit, eines Tages drei Millionen Euro zu erben. Und auf der anderen Seite der kleine, unansehnliche, schmächtige und kränkelnde Junge aus wirtschaftlich schwachem Elternhaus, der gerade die Hauptschule geschafft hat und sofort arbeiten gehen muss, weil der Vater ihn nicht weiter unterhalten kann.
Natürlich ist auch manche Misere „selbst verschuldet“. Obwohl man/frau da sehr genau hinschauen muss. Denn so sieht es jedenfalls oft oberflächlich gesehen aus. Wenn mensch sich aber genauer mit dem in die Misere geratenen Mitmenschen beschäftigt (sich also zumindest diesen kleinen „Karfreitag“ zumutet), sieht es meist doch anders aus. Jedem von uns hätte so etwas passieren können, wenn . . . Ja, wenn was?
Es gibt in dieser Welt keine Gerechtigkeit, jedenfalls nicht so lange, wie es Menschen gibt. Nehmen wir einmal an, dass jede/r in einer Gruppe von 100 Menschen heute die gleiche Summe Geld, das gleiche Haus, den gleichen Beruf und den gleichen Gesundheitszustand bekäme bzw. hätte, dann würde dies in genau einem Jahr oder noch früher, nicht mehr so sein. Denn trotz der Gleichheit = angebliche Gerechtigkeit, sind Neid, Machtgelüste und Machtansprüche (Alphatiere), Faulheit und Egoismus und Schicksal nicht verschwunden. Was uns zu dem Schluss kommen lassen müsste, das wahre Gerechtigkeit nichts mit Gleichheit zu tun hat.
Und in der Tat gibt es eine andere, als diese altgriechische und rational-vernünftige (Renaissance) Definition von Gerechtigkeit (Gerechtigkeit des Staates). Im althebräischen Denken, also im Verständnis des jüdischen Talmudes (Altes Testament), bedeutet „Gerechtigkeit“ nicht ‚jeder erhält das Gleiche’, sondern "jeder bekommt, was er benötigt, um ein lebenswertes Leben führen zu können". Das hört sich schon ganz anders an. Es würde ja schon reichen, wenn wir Menschen diese Art von Gerechtigkeit zumindest anstrebten. Nach dem Motto: Der Weg ist das Ziel.
Wenn ich über den historischen Jesus, der nachweislich tatsächlich einst gelebt hat (siehe die Historiker Josephus und Tacitus), nachdenke (und nicht über den versüßlichten und womöglich auch noch blondlockigen Knaben Jesus, zu dem die Arier-Kirche(n) ihn gemacht hat/haben) – und damit komme ich auf die Konstellation „Ostern versus Karfreitag“ zurück – dann will uns die Geschichte (hier = Historie) zeigen, dass am Ende jemand anderes das letzte Wort über uns sprechen wird, als der Staat, als der Mob, als ein Gericht, als die Nachbarn, die Stadt- und/oder Kirchgemeinde, wenn wir nur unsererseits so leben und handeln, dass es in unserem Umfeld einigermaßen „gerecht“ im Sinne von „Weg und Ziel“ zugeht.
Allerdings bedeutet das auch heute noch, dass wir uns dabei – wie einst der Zimmermann aus Nazareth - mit den religiös und politisch Herrschenden anlegen, indem wir uns einerseits um die von Ihnen Vernachlässigten, Benachteiligten und an den Rand Gedrängten kümmern und unseren Finger helfend nicht nur in ihre (tatsächlichen) Wunden legen, sondern auch in die „Wunden unserer egozentrischen Gesellschaft.“ Das kann auch für uns am „Kreuz“ enden. Ja, dem Worte Jesu zufolge, muss es gar am Kreuz enden, denn genau das (und nichts anderes) meinte Joshua Ben Joseph (Jesus der Sohn Josephs), als er sagte: „Ein jeder nehme sein Kreuz auf sich und folge mir (bis ans Kreuz) nach.“
Und dazu muss man/frau wie gesagt und geschrieben kein Katholik, Evangele, Baptist, Methodist oder Agnostiker sein, Buddhist, Hindu oder gar ein "schlimmer" - Atheist sein. Es reicht ganz einfach „Mensch“ (a Mentsch) *) zu sein, der in jedem Mitmenschen seinen Bruder und seine Schwester sieht und ihn nicht am „Wegesrand“ liegen lässt nach dem Motto: Der hat doch selbst Schuld, ich kann mich nicht um jeden kümmern, was geht mich das an, ich muss in den Tempel, um zu "beten" …
- *) Darunter versteht man im Jiddischen jemanden, der mit Empathie, Höflichkeit und Anstand durchs Leben geht. „A Mentsch“ zu sein, ist tatsächlich eine Ehre, die andere einem verleihen
Sie wissen, woher diese Sequenz stammt? Nicht? Dann will ich daran erinnern, dass sie aus der Geschichte vom "barmherzigen Samariter" kommt. Jenem Samariter, der heute von neudeutschen Egoisten und Fremdenhassern auch verächtlich "Asylant", "Penner", "Schmarotzer" etc. genannt wird. In dieser Geschichte gehen zwei Tempeldiener auf dem Weg nach Jerusalem an dem am Wege Liegenden mit genau dieser Einstellung - wie oben beschrieben - vorbei. Nur der Samariter, ein im damaligen Israel ungeliebter und gehasster Fremder aus dem Norden, blieb stehen und versorgte den "unter die Räuber Gefallenen", ohne zuvor zu selektieren und zu sondieren und womöglich zu triagieren.
Er half einfach, weil es ein Mitmensch war, dessen Leben auf dem Spiel stand. In der Glut der palästinischen Sonne, wäre er eine Stunde später tot gewesen. Der andere, ein Priester, aber eilte am Unglück vorbei und dachte nur ein seine Pflichterfüllung: Im Tempel beten, um Gott wohl zu gefallen, während der von ihm im Stich gelassene im Sterben liegt. Welch eine böse Ironie ... bis heute!