💢7 - MENSCHENWÜRDE: 2.5 - Wenn der deutsche Staat in der "doppelten Bringschuld" steht ...
(vergl.: Menschenwürde, Menschenrechte, Grundrechtsbindung)
Der zweite Satz des Art. 1 Abs. 1 GG ergänzt die Unantastbarkeit der Menschenwürde durch eine Verpflichtung für „alle staatliche Gewalt“, diese zu achten und zu schützen. Diese Norm begründet nicht nur ein Abwehrrecht des Einzelnen gegen den Staat, sondern bindet die gesamte Staatsgewalt in Bund, Ländern und Kommunen. Sie fordert positive Maßnahmen zum Schutz der Menschenwürde. Hierdurch wird der objektiv-rechtliche Charakter der Grundrechte, insbesondere der Menschenwürde, unterstrichen. Der Satz enthält eine doppelte Verpflichtung: die Pflicht zur Achtung und die Pflicht zum Schutz.
Die Achtungspflicht verpflichtet den Staat, selbst keine Maßnahmen zu ergreifen, die die Würde des Menschen verletzen könnten. Dies schließt sowohl unmittelbare staatliche Eingriffe als auch indirekte Auswirkungen staatlichen Handelns ein. Klassische Beispiele sind hier das Verbot der Folter, erniedrigende Bestrafungen und andere Formen der Degradierung von Personen.
Für den Fall - möge uns das Schicksal, unsere menschliche Vernunft und der notwendige Mut uns davor bewahren - dass einmal die rechtsgerichtete AfD in Land oder Bund an der Regierungsmacht beteiligt sein sollte, steht die Unverletzlichkeit der Menschenwürde in höchster Gefahr. Schon heute bezeichnen AfDler Flüchtlinge als "Halbaffen" oder "Affghanen". Das ist eindeutig gegen die Würde des Menschen
Die Schutzpflicht verlangt von der staatlichen Gewalt, aktiv Maßnahmen zu ergreifen, um die Menschenwürde vor Eingriffen Dritter zu schützen. Diese Schutzpflicht erstreckt sich auf alle Lebensbereiche und kann sich in konkreten Maßnahmen, wie etwa der Verabschiedung von Gesetzen zum Schutz vor Diskriminierung oder vor menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen, manifestieren.
Die Verpflichtung, die Menschenwürde zu achten und zu schützen, hat unmittelbare Auswirkungen auf die gesamte Staatsorganisation. Sie bindet Legislative, Exekutive und Judikative gleichermaßen. Das Bundesverfassungsgericht betont regelmäßig, dass Gesetze, Verordnungen und Maßnahmen der Verwaltung, ebenso wie gerichtliche Entscheidungen, stets an der Menschenwürde gemessen werden müssen.
Die Verpflichtung des Staates zum Schutz der Menschenwürde führt zu einer Vielzahl von konkreten Schutzpflichten, die je nach Situation unterschiedlich ausgeprägt sein können. In der Rechtsprechung und Literatur wird diskutiert, inwiefern diese Schutzpflichten eine spezifische Handlungs- oder Ergebnisverpflichtung für den Staat darstellen. Eine Schutzpflicht ist jedenfalls dann verletzt, wenn der Staat völlig untätig bleibt oder Maßnahmen ergreift, die die Würde des Menschen nicht wirksam schützen.
So ergibt sich zum Beispiel die Verpflichtung für die Polizei, Menschen vor unmittelbaren Gefahren für Leib und Leben zu schützen, die aus dem Handeln Dritter resultieren.
In sozialstaatlicher Hinsicht bedeutet die Schutzpflicht, dass der Staat auch für menschenwürdige Lebensbedingungen zu sorgen hat, wie dies in der Rechtsprechung zum Existenzminimum verdeutlicht wurde.
Während die Achtungspflicht als unbedingte Grenze gilt, die nicht relativiert werden kann, können sich im Rahmen der Schutzpflichten Abwägungen ergeben. Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch klargestellt, dass selbst im Rahmen solcher Schutzpflichten eine Relativierung der Menschenwürde unzulässig ist; es geht vielmehr um die bestmögliche Verwirklichung des Menschenwürdeschutzes unter den gegebenen Bedingungen.