Christentum & Sklaverei - Wie das Christentum die Sklaverei förderte und zum Geschäftsmodell machte.
Beim Durchlesen dieses Beitrages an der Headline entsprechenden Passage fragte ich mich, ob eigentlich niemand in den Redaktionsräumen der Ravensburger Lokalausgabe der "Schwäbischen Zeitung" das zu Veröffentlichende vorher einmal gegenliest und gegeben falls korrigiert respektive zur Überarbeitung retour gibt. Und zwar nicht wegen eventueller grammatischer Fehler, sondern bezüglich der Sinnhaftigkeit, der historischen Genauigkeit und des sauberen Journalismus.
Als Theologe und Humanist hat mich natürlich die Überschrift des Artikels herausgefordert, denn ich wollte wissen, wie es der Autor des Buches über Pompeji (denn um dieses geht es hier) mit der Sklaverei in Bezug auf die durch sie geförderte Verbreitung des Christentums gemeint hat. Gegengelesen hat den Artikel offensichtlich niemand, respektive haben die schreibende Journalistin und dann doch eventuelle Lektoren dem Buchautor vorauseilend mit seiner Aussage geglaubt. Es wird abgedruckt, was eindeutig die Unwahrheit ist, und die nicht so gebildete Leserschaft der Zeitung (womöglich eine sehr große Schar von bloßen Konsumenten) nimmt es so hin und glaubt es.
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Denn "ausgestorben" war und ist die Sklaverei - Versklavung von Mitmenschen - seit der Verbreitung des Christentums über die zwei Jahrtausende auch bis 2025 nach Christus ganz bestimmt nicht, auch nicht "quasi". man/frau denke da nur an die Sexsklavinnen im christlichen Europa und im deutschen Abendland des Christentums ... Oder erinnern (!!) wir uns an die Versklavung von Menschen, die vor 90 Jahren von den deutschen christlichen Nazis zu Ratten degradiert und entmenschlicht und in Arbeitslager und deutsche Firmen gepfercht wurden, um sie bis zum Tode auszubeuten. Und das mit ganz offiziellem Segen der damaligen Evangelischen Kirche, deren "deutscher Ableger" Jesus Christus, martin Luther und Adolf Hitler in eine Reihe stellte ... weitere Beispiele *) würden ein ganzes Buch füllen: "Pompös - Wie das Christentum die Sklaverei förderte und zum Geschäftsmodell machte", würde ich es dann nennen.
*) Apropos Martin Luther und die "Freiheit des Christenmenschen". Luther selbst hat seine Vorstellung von geistiger Freiheit im Glauben (siehe Paulus) bei gleichzeitiger Einwilligung in soziale Unfreiheit vor allem im Rahmen der Bauernkriege gezeigt. Als die Bauern, angeführt von dem Prediger Thomas Müntzer, die reformatorische Kritik an Autoritäten auch sozial und damit politisch deuteten und dafür kämpften, bezog Luther klar Position gegen die Aufständischen.
Man könne nicht Gewalt mit Gegengewalt begegnen, denn das sei nicht Gottes Wille, predigte der Reformator dem gemeinen Volk. Luthers Verhalten während des Bauernaufstandes wird unterdessen von protestantischer Seite zuweilen als Versuch zur Deeskalation gedeutet. Doch hat der Reformator unverblümt zur Gewalt gegen die Bauern aufgerufen, indem er forderte, man solle "die mörderischen und räuberischen Rotten (…) zerschmeißen, würgen und stechen, heimlich oder öffentlich." Es gebe nichts "Giftigeres, Schädlicheres, Teuflischeres" als "einen aufrührerischen Menschen." Diesen müsse man deshalb "wie einen tollen Hund totschlagen." (Luther 1525 in „Wider die mordischen und reubischen Rotten der Bawern“) Diese Hetze Luthers setzte sich gegenüber Menschen jüdischen Glaubens fort.
Entsprechende Frage der Journalistin der "Schwäbischen Zeitung" und Antwort des Wissenschaftlers von Pompeji gehen so:
SZ: In Ihrem Buch schreiben Sie, dass die Sklaven eine wichtige Rolle bei der Verbreitung des Christentums gespielt haben. Wie kommen Sie zu dieser These?
Autor: "Durch die Allpräsenz der Sklaverei entstand Platz für etwas Neues. Und zwar sowohl für die Sklaven als auch für die Herren. Diese ständige institutionalisierte Gewalt gegen die Sklaven rief eine ungeheuerliche Wut und viel Hass hervor. Und dann kommt jemand und sagt, wie Paulus in seinen Briefen schreibt: Wir sind alle Sklaven des Herrn, wir sind alle frei in Christus. Das war für die Leute damals skandalös. In den Anfängen ging es aber erst einmal um einen Einstellungswandel. Später, mit der Verbreitung des Christentums, ist die Sklaverei ja quasi ausgestorben, auch wenn es die Leibeigenschaft noch gab." (Markierungen von mir)
Was Paulus und das Neue Testament anbetrifft, hier für den Leser und die Leserin meines Blogs folgende Bibelstellen, auf die sich Herr Zuchtriegel wohl bezieht:
1) Paulus' 'Brief an die Galater, Kapitel 5: "Zur Freiheit hat Christus uns befreit! Bleibt daher standhaft und lasst euch nicht wieder unter das Joch der Sklaverei zwingen!" - Erläuterung: Zur Zeit des Apostels Paulus war Galatien eine römische Provinz in Zentralanatolien, der heutigen Türkei. Der Brief wurde zwischen 48 und 50 n. Chr. geschrieben.
2) Paulus' erster Brief an die Korinther (Griechenland), Kapitel 7 "Denn wer im Herrn als Knecht berufen ist, der ist ein Freigelassener des Herrn; desgleichen wer als Freier berufen ist, der ist ein Knecht Christi." - Erläuterung: Der Apostel Paulus spricht sich explizit nicht gegen die physische Sklaverei aus, sondern will betonen, dass der Mensch nur dann wirklich frei ist - ob Sklave oder ob von gehobenen Standes - wenn er/sie sich Jesus Christus anvertraut. Gerade dem Sklaven will er zusätzlich sagen: Auch wenn du unter leiblicher Knechtschaft stehst, so bist du als Christusgläubiger doch innerlich frei.
In der langen Geschichte der Christenheit mit der - es dominierenden - römisch-katholischen Kirche, wurde die leibliche Sklaverei nicht bekämpft, sondern gefördert - und zwar bereits mit Beginn der Verbreitung des Christentums (ab Mitte des 1. nachchristlichen Jahrhunderts und dann sukzessive im römischen Reich, Germanien, "Frankreich", Britannien und bei den Normannen durch die Jahrhunderte). Das, was der Autor von "Pompeji" postuliert, ist historische Ungenauigkeit in höchstem Maße und Pervertierung der Realitäten.
Wer diese Idee vertrat, wollte die Basis der Gesellschaft vernichten. Der Kirchenvater Augustinus unterstrich die Institution der Sklaverei, wich dabei jedoch vom aristotelischen Bild des "Sklaven von Natur" ab und rechtfertigt die Existenz von Sklaven nicht anthropologisch, sondern theologisch. Er argumentierte mit dem Sündenfall im Paradies, der zu jener natura vitiata (verdorbenen Natur) geführt habe, welche die Herrschaft des Menschen über Menschen möglich und nötig machte. Die Sklaverei als Exponent von Herrschaft führt Augustinus direkt zurück auf die Verfehlung Hams seinem Vater Noah gegenüber (siehe die Ausführungen oben), der daraufhin einen der Söhne Hams zum Sklavendienst verurteilte. Insofern gehört die Sklaverei zwar nicht zur Schöpfungsordnung, wohl aber zur Strafordnung Gottes, so dass es nun – nach dem Sündenfall – als eine Konsequenz der menschlichen Verfehlung Herrschaft und Sklaverei gibt.
Allerdings schützte seine Exkommunikationsdrohung nur die zum Christentum konvertierten Kanaren, beschränkt also das Verbot der Sklaverei auf Christen. In der Folge verstärkte das eher den Irrglauben daran, dass es – außerhalb der Christenheit – "typischen Sklavenvölker" gäbe.
Bartolomé de Las Casas war einer der wenigen Missionare (vor allem aus dem Predigerorden), der vom Evangelium her die Versklavung der Indios strikt ablehnten.
Im aufgeklärten 18. Jahrhundert dachten nur wenige der führenden Denker und Lenker an eine restlose Abschaffung der Sklaverei. Große Philosophen der Aufklärung – Hume, Kant, Montesquieu – erwiesen sich ziemlich unverhohlen als Rassisten. So ist ein "rassistischer roter Faden" vom 17. bis zum 19. Jahrhundert erkennbar, an den auch die großen Vordenker des demokratischen Toleranz- und Freiheitsduktus in Frankreich und Preußen, Montesquieu und Kant, anknüpften.
Auch die nachfolgende Generation von Geistesgrößen schließt daran an: Idealisten wie Hegel, Sozialisten wie Engels – sie haben eines gemeinsam: Sie sind glühende Verfechter rassistisch motivierter Sklaverei aus dem Dünkel eurozentrischer Überlegenheit. Auf diese Weise wurden der Barbarei und Ausbeutung ganzer Völker ein quasi rationaler und "aufgeklärter" Nährboden bereitet.
Es war eine Unterdrückung im Namen des Höchsten, und wenn es die Sklaverei in den USA und deren Ausbeutung auch in vielen anderen Ländern gab – für Amerika hat diese unrühmliche Epoche tiefe Narben hinterlassen. Denn dies war die Zeit, in der der schwarze Mensch zum billigen Handelsobjekt verkam.
Die Argumente zur Abschaffung der Sklavenarbeit waren von nun an stärker als der ökonomische Profit. Und dem politischen Druck folgte eine Änderung der öffentlichen Meinung. Allerdings wird von Historikern nicht bestritten, dass die Fron der Sklaven ein essenzieller Teil der Entstehungsgeschichte dieses Landes war. Doch erst der Sieg der Union im Sezessionskrieg gegen die Konföderierten des Südens ebnete den Sklaven den Weg zur Freiheit.
Rein faktisch wurde der 13. Zusatzartikel der Verfassung der Vereinigten Staaten, der das Ende der Sklaverei in den USA manifestierte, erst im Jahr 2013 von allen Bundesstaaten
Als Barack Obama zum ersten schwarzen Präsidenten der USA gewählt wurde, sagte er in seiner viel beachteten Rede im kleinen Ort Selma am Alabama River, eine Pilgerstätte der schwarzen Bürgerrechtsbewegung: „Auch ich habe mit meiner Familie eine Vergangenheit als Sklave.“ Einer seiner Urahnen soll der legendäre John Punch gewesen sein, der im 17. Jahrhundert in Virginia lebte und nach einer vergeblichen Flucht aus der Knechtschaft zu einer lebenslänglichen Strafe als Sklave verurteilt wurde.